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Vom Foto bis zum Buddha-Kopf

■ Das Museum für Kunst und Gewerbe zeigt Neuerwerbungen

Eine Reihe von Idealporträts römischer Kaiser war eine wichtige Legitimation von Macht im Italien der Frührenaissance. So zeigt das vom Museum für Kunst und Gewerbe neuerworbene Bildnisrelief (ca 1475) des römischen Kaisers Hadrian einen Weg der Antikenrezeption in früheren Zeiten.

Der heutige Geschichtsbezug dagegen geht zwar in der Architektur mitunter über das Nachgestalten, bei Objekten aber über die museale Sammlung. Von der antiken Vase zum Jugendstil-Möbel, vom Kunstkammerstück zu neuestem Design, vom chinesischen Porzellan zum etruskischen Hippokampen, vom Modefoto zum Buddha-Kopf: Alles ist im Haus am Steintorplatz zu finden.

Doch Schatzkammer allein reicht nicht: Wie bei einer Bibliothek müssen die thematischen Sammlungen aktuell weiterwachsen und muß auf Angebote, Auktionen und Nachlässe reagiert werden. Mehr als 350 private Stifter trugen in den letzten sieben Jahren dazu bei, daß die Sammlungen bei den knappen öffentlichen Mitteln überhaupt noch ausgeweitet werden konnten. Solch enger Kontakt der Bürger zu diesem Museum ist ziemlich einzig in Hamburg. Vielleicht kommt das Zusammenraffen wertvoller Dinge quer durch die gesamte Weltgeschichte dem Hamburger Kaufmannsgeist besonders nahe.

Was so seit 1988 zusammenkam, zeigt das Haus jetzt in der Überblicksausstellung: Erwünschtes und Erreichtes. In vier Sälen mit Objekten aus 3000 Jahren und allen Kulturen wird jeder seine speziellen Lieblingsstücke finden. Am weitaus teuersten jedenfalls war die süddeutsche Elfenbeinplastik von Adam und Eva von 1650. Im Augenblick der Vertreibung aus dem Paradies stellt Leonhard Kern das Menschenpaar in klar differenzierter Rollenzuschreibung zwischen männlicher Stärke und weiblicher Empfindsamkeit und in manieristischer Ambivalenz zwischen Angst und Fortschritt dar.

Besonderen Spaß dürfte den Museums-Mitarbeitern gemacht haben, rückwirkend eine Ankaufsentscheidung des Museumsgründers Justus Brinckmann zu ändern. Der hatte auf der Pariser Weltausstellung von 1900 zwar französische Möbel gekauft, nicht aber den jetzt angeschafften Leder-Paravant mit Möven und Evern des dort mit einer Goldmedaille ausgezeichneten Hamburgers Georg Hulbe.

Das „Erreichte“ ist zu sehen, was bleibt das „Erwünschte“? Da hat jede Abteilung ihre eigene Liste von einer kleinen Münze zu ganzen Autos als Designbelege. Und natürlich hätte auch dieses Museum gerne einen Erweiterungsbau.

Hajo Schiff

Museum für Kunst und Gewerbe, Steintorplatz, Di-So 10-18, Do –21 Uhr, Führungen: Di, Do, So 15 Uhr; bis 13. August.

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