Der schwere Kampf gegen Kampfhunde

■ Mit einer neuen Verordnung soll das Halten von gefährlichen Hunden erschwert werden. Tierschutzverein: Die Anwendung des Allgemeinen Sicherheits- und Ordnungsgesetzes reicht aus

Die neue Hundeverordnung, die vor wenigen Tagen von Gesundheitssenatorin Beate Hübner (CDU) abgezeichnet wurde, stößt beim Tierschutzverein nur auf geteilte Zustimmung. Eine Verordnung, die den Haltern „bei potentieller Gefährdung“ eine Eignungsbefähigung abverlangt, sei überflüssig. Denn bereits jetzt, so Carola Ruff vom Tierheim Lankwitz, würden Halter von Hunden, die Menschen angefallen haben oder ihrem Herrchen nicht gehorchen, zu einem Gespräch beim Amtstierarzt zitiert. In 90 Prozent der Fälle sei die Schuld für das aggressive Verhalten der Tiere bei den Haltern zu finden.

Nach Überzeugung von Carola Ruff brauchte man bei konsequenter Anwendung des Allgemeinen Sicherheits- und Ordnungsgesetzes (Asog) gar keine neue Verordnung. Nach dem Asog kann Leinen- und Maulkorbzwang angeordnet werden. „Im Vorgriff kann man nichts machen“, ergänzt der Geschäftsführer vom Tierheim, Volker Wenk. Wie auch bei den Menschen gebe es bei den Hunden Fälle für „Bonnie's Ranch“. Als weiteren Vergleich führt er Menschen an, die trotz Führerscheinbesitzes einen Unfall mit ihrem Wagen bauen. „Eine Befähigung ist nicht nachprüfbar“, so Wenk. Wie auch die Hundesteuer sei die geplante neue Verordnung nur „Schall und Rauch“.

Berlin hat deutschlandweit die höchste Hundedichte. In der Stadt gibt es fast 100.000 Hunde mit Steuermarke, weitere 30.000 bellen illegal. „Dem erfahrenen Menschen passiert nichts“, ist Wenk vom Tierheim überzeugt. Man dürfe eben nicht ängstlich sein.

Etwa 300.000mal im Jahr werden in ganz Deutschland Hundehalter für Schadensfälle haftbar gemacht. Für den Pressesprecher des Gesamtverbandes der Versicherungswirtschaft, Peter Gauly, ein „verschwindend geringer Anteil“ im Vergleich zur Gesamtheit aller Versicherungsfälle. „Das muß nicht immer ein Biß ein“, so Gauly. Zu den Schäden gehörten zerrissene Briefträgerhosen ebenso wie Sachschäden an Autos, die Hunden auf der Straße ausweichen müssen. Nach Einschätzung des Pressesprechers sind die Angriffe von Hunden auf Menschen nicht gestiegen. Vielmehr habe sich die Wahrnehmung in der Öffentlichkeit geändert. „Wenn Kampfhunde zuschlagen, ist das oft dramatisch, und es rauscht im Blätterwald.“

Weniger Verständnis zeigen Justizsenator Ehrhart Körting (SPD) und Gesundheitssenatorin Beate Hübner (CDU), die angesichts mehrerer aktueller Zwischenfälle mit „Kampfhunden“ auf eine Verabschiedung der neuen Verordnung im Eilverfahren drängen. Im Gegensatz zu Brandenburg werden in der Berliner Hundeverordnung keine speziellen Rassen wie Pitbulls oder Rottweiler aufgeführt. „Das haben wir bewußt offengelassen“, sagt Christoph Abele von der Gesundheitsverwaltung. „Einen Dackel kann man auch scharf machen.“ Eine Auffassung, die Volker Wenk vom Tierheim Lankwitz teilt. Unter den Hunden, die wegen „absoluter Gefährlichkeit“ eingeschläfert werden müssen – etwa alle zwei Wochen einer –, seien alle Rassen vertreten. Unter den Tieren, die ihren Herrchen über den Kopf wachsen und im Tierheim abgegeben werden, seien jedoch jedes Jahr „bis zu einhundert Kampfhunde“.

Eindeutige Zustimmung findet die neue Verordnung beim Tierschutzverein nur in der Hinsicht, daß auch die Zucht, Ausbildung und der Erwerb gefährlicher Hunde verboten werden sollen. Carola Ruff fordert zudem ein Verbot von Anzeigen, in denen scharfe Hunde angeboten werden. Es könne nicht angehen, daß mit „kampftriebstarker Rüde“ geworben werde. Für Carola Ruff handelt es sich bei den sogenannten Kampfhunden um eine Modeerscheinung. „Vor 10 bis 15 Jahren war der Schäferhund als Bestie im Visier“, sagt sie. Bedauerlicherweise seien unter den Haltern von „Kampfhunden“ viele „krumme Gestalten“ und „irgendwelche Würstchen“.

Um denen das Handwerk zu legen, müßten alle Hunde tätowiert oder mit einem implantierten Mikrochip gekennzeichnet werden, so wie im Tierheim. Die neue Hundeverordnung dagegen sieht nur ein Halsband vor – ein Witz für Carola Ruff. „Da können die Leute doch mit einem anderen Hund zum Amtstierarzt gehen. Ein Rottweiler sieht aus wie der andere.“ Barbara Bollwahn