: Zellen ins Biotop
■ JVA Vierlande wird verlegt: SPD und GAL im Bezirk Bergedorf stimmen zu
Dem Umzug der Justizvollzugsanstalt (JVA) Vierlande nach Billwerder steht nun auch aus bezirklicher Sicht nichts mehr entgegen. Am Wochenende gaben GAL und SPD in Bergedorf ihre Blockadehaltung auf, das Gefängnis, das sich 53 Jahre nach Kriegsende immer noch auf dem Gelände und in den Gebäuden des ehemaligen KZ Neuengamme befindet, endlich zu verlegen. Der neue Knast für rund 300 Häftlinge im offenen Vollzug soll für 110 Millionen Mark auf einer Marschenwiese östlich der Autobahn 1 am Billwerder Bill-deich entstehen – so, wie es die rot-grüne Hamburger Landesregierung im Koalitionsvertrag vorgesehen hat. „Der Bebauungsplan wird von uns vorangetrieben“, versprach SPD-Fraktionschef Werner Omniczynski gestern.
Bislang hatten die Bergedorfer Parteien zwar die Verlagerung unterstützt, den Standort in Billwerder jedoch vehement abgelehnt. Denn die Wiese gilt als ökologisch überaus wertvoll. Es sei „bitter“, dieses Biotop opfern zu müssen, bedauerte GAL-Fraktionschefin Ulrike Kirschner, aber: „Der Alternativ-Standort (westlich der A 1, die Red.) ist nicht geeignet für ein Gefängnis.“ Zu dieser Erkenntnis sei die GAL nach einem Gespräch mit Stadtentwicklungssenator Willfried Maier (GAL) am Freitag abend gelangt. Maier hatte erklärt, daß diese Fläche im Bereich eines NDR-Sendemastes liege. Damit drohten den Gefangenen, sollten sie dort leben müssen, Gesundheitsgefahren durch Strahlung und Elektrosmog. „Das geht natürlich nicht“, räumte Kirschner ein. Das Problem sei den Bergedorfern bisher „nicht so bewußt“ gewesen.
Nur CDU-Fraktionschef Herbert Paege mochten die Argumente nicht einleuchten. Maier habe wohl „kein bißchen Ahnung von Physik“. Sonst müsse er wissen, „daß die Strahlung auf beiden Flächen fast identisch ist“, weil die Standorte nur wenige hundert Meter voneinander entfernt lägen. Aus Sicht der CDU ist der Umzug vom KZ-Gelände „aus Kostengründen“ ohnehin nicht zu rechtfertigen. hh
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen