■ Vorschlag: Das Schweigen der Bilder – Fotoausstellung in der Brotfabrik
Zwei Frauen im Wald, eine gehetzt, wie nach einer Verfolgungsjagd. Die andere steht ruhig. Zwei Frauen auf einem Bett, wie nach einem Streit. Die eine sieht zur Decke, die andere blickt, den Kopf aufgestützt, nach unten. Das Befremdliche dieser Bilder erschließt sich erst auf den zweiten Blick: daß die Frauen im Wald sich ähnlich sehen, daß die Frau, die zur Decke blickt, dieselbe ist wie die, die neben ihr liegt. Bettina Hoffmann montiert in ihren neuen Arbeiten fotografische Selbstporträts zu realistischen Szenen. Sie selbst nimmt alle im Bild vorhandenen „Subjektpositionen“ ein. Das Spiel ist kaum erkennbar, denn Ausdruck, Kleidung und Rolle der Personen sind verschieden. Die mit Computer bearbeiteten Bilder wirken realistisch und gleichzeitig synthetisch und abstrakt.
Multiplizierung ist das Thema dieser Selbst-Collagen. Oder Identität. Oder zwischenmenschliche Beziehungen. Aber das ist es nicht. Der Kern dieser Bilder liegt in der Lautlosigkeit. Die Personen sehen sich nicht wirklich an, sie reden nicht. Ist es nicht ein nach außen gestülpter innerer Monolog, der hier stattfindet? Hält eine Beziehung die Personen zusammen? Oder ein Ereignis, das außerhalb des Bildes liegt? Etwas, was geschehen ist, was geschehen wird, was selbst nicht sichtbar ist im Bild, außer an der Spannung, die spürbar ist? Szenisch sind diese Fotos, sie wirken wie ein stillgestellter Film. Angehalten und Ton abgestellt.
Bevor sie fotografisch arbeitete, hat Bettina Hoffmann Installationen gemacht, sie hat Alltagsgegenstände manipuliert, Badezimmerobjekte in befremdlichen Kombinationen arrangiert. Etwas vom Installationscharakter bleibt in den Fotoarbeiten erhalten – es sind Arrangements. Arrangements eines Selbst. Sie zeugen auch von einem ironischen Umgang mit dem Narzißmus des künstlerischen Sebstporträts – denn je öfter die Künstlerin im Bild auftritt, desto abstrakter und fremder wird sie. Andrea Roedig
Bis 10.7. In der Galerie in der Brotfabrik, Prenzlauer Promenade 3, mittwochs bis sonntags 16-21 Uhr
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen