: Deadline für Klimaschutz
■ Britischer Umweltminister: Ohne Einigung in Cardiff macht sich die EU zum „Gespött“
Berlin (taz) – Der britische Umweltminister Michael Meacher hat das Ziel hoch gesteckt: Die EU mache sich international zum „Gespött“, wenn es ihr nicht gelänge, sich heute und morgen auf dem EU-Gipfel im englischen Badeort Cardiff über die Lastenaufteilung im Klimaschutz einig zu werden. Meacher kündigte gegenüber dem Europa-Parlament ein Ergebnis an: „Wie ich das sehe, verlassen wir nicht den Raum, bevor wir eine Einigung haben.“ Doch am Ende könnte Meacher allein im Verhandlungsraum sitzen – die Chancen für ein Ergebnis sind Insidern zufolge 50 zu 50.
Zwar hat Meacher, der wegen des Ratsvorsitzes Großbritanniens verantwortlich für die internen Klimaverhandlungen ist, erstmals einen Vorschlag erarbeitet, der auch wirklich die internationalen Vereinbarungen vom Klimagipfel in Kioto erfüllt (acht Prozent weniger Ausstoß an sechs Treibhausgasen bis 2010 im Vergleich zu 1990). Doch wichtige Länder sind damit nicht einverstanden. So sollen die Niederlande minus acht Prozent erbringen, wollen aber höchstens fünf Prozent sparen. Finnland und Frankreich sollen ihren Ausstoß stabilisieren, wollen aber mehr ausstoßen dürfen. Diese drei Länder waren es, die das Abkommen vom vergangenen Jahr platzen ließen. Aber auch Italien und Belgien meldeten bereits Protest gegen die alten Zusagen an. Zwar sieht der neue britische Vorschlag vor, daß auch die armen EU-Staaten Griechenland (nur noch plus 23 statt plus 30 Prozent) und Portugal (plus 24 statt plus 40) nicht mehr soviel ausblasen dürfen, wie ihnen noch in der ersten Abmachung zugebilligt worden war. Doch im internationalen Vergleich dürfen sie immer noch konkurrenzlos viel ausstoßen. Und ihre Mehrleistungen reichen eben nicht aus, um etwa Frankreich einen Zuwachs zu erlauben.
Außerdem wollen auch Deutschland, Österreich und Dänmark, die bisher die Hauptlast von jeweils minus 25 Prozent trugen, nicht mehr soviel einbringen, wenn die anderen Staaten so wenig tun. Im britischen Vorschlag sind Dänemark und Deutschland nur noch mit minus 22,5 Prozent vorgesehen, Östereich mit minus 20,5. Die größte Enttäuschung aber ist Großbritannien, der zweitgrößte Emittent der EU, der nicht mehr die von Tony Blair zum Amtsantritt angekündigten minus 20 Prozent erbringen will, sondern nur noch minus 12. Wenn es bis Mittwoch nicht zu einer Einigung kommt, gibt es nur einen EU-Umweltministerrat vor dem nächsten Klimagipfel in Buenos Aires im November. Und ohne eine Einigung wird die EU den USA beim Klimapoker dann schwer Paroli bieten können. urb
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