: Die Bremer Kinotaz ... ... alle Filme, alle Termine
A
Agent Null Null Nix USA 1997, R: Jon Amiel, D: Bill Murray, Joanne Whalley, Alfred Molina
„Sein Blick aus treuen Hundeaugen ist zum Steinerweichen, sein Sinn für Mimik und Klamauk unübertroffen: Ex-“Ghostbuster“ Bill Murray spielt einen nicht sonderlich scharfsinnigen amerikanischen Zeitgenossen, der in London zwischen die Fronten britischer und russischer Geheimdienste gerät. Mit dem Callgirl Lorelei und dem KGB-Killer Boris the Butcher stolpert „Der Mann, der zu wenig wußte“ (Originaltitel) von einer lebensbedrohlichen Situation in die nächste - und amüsiert sich dabei noch köstlich. Diese Slapstick-Orgie hätte Blake Edwards alle Ehre gemacht, dessen „Pink Panther“- Filme hier eindeutig Pate standen. Schade nur, daß Jon Amiel nicht ganz über das Tempo- und Timing-Gespür des Altmeisters verfügt. Aber Freunde das schrägen Humors sehen über den einen oder anderen Rohrkrepierer in diesem durchgeknallten Gag-Feuerwerk gern hinweg.“ (Dorothee Lackner) CinemaxX
Anastasia USA 1997, R: Don Bluth, Gary Goldman
„Den Angriff auf Disney, denn nichts anderes ist „Anastasia“, hat sich das Hollywood-Studio „20th Century Fox“ einiges kosten lassen. So ganz aufgegangen ist die Rechnung (noch) nicht; „Anastasia“ hat in den USA so gerade einmal die Produktionskosten hereingeholt. Verstecken muß sich das Trickmärchen vor den Produktionen der Erben von Onkel Walt aber nicht. Die Zutaten stimmen: ein bißchen Poesie, ein wenig Legende, viel Märchen und Kitsch und jede Menge Gefühl und Romantik, abgeschmeckt mit einem Hauch Historie. Die Geschichte der jungen Anya, die – verfolgt vom Bösewicht Rasputin – beweisen muß, daß sie die verlorene Zarentochter ist, hat alles, was auch jeden Disney-Film auszeichnet. Bleibt nur die Frage, wer sich für diese romantisch-harmlose Liebesmär interessiert.“ (TV-Spielfilm) Schauburg
A Time to Love and a Time to Die USA 1958, R: Douglas Sirk, D: John Gavin, Liselotte Pulver, Klaus Kinski, Erich Maria Remarque / Originalfassung ohne Untertitel
„Regiseur Douglas Sirk lag das Thema von Remarques Roman über die deutsche Ost- und Heimatfront im Zweiten Weltkrieg sehr am Herzen. Er hielt dem deutschen Publikum einen Spiegel vor und erinnerte es an seine Schuld, die man lieber verdrängte, als sich der Auseinandersetzung zu stellen. Außer der inhaltlichen Botschaft wollte Sirk den kommerziellen Erfolg von „Im Westen nichts Neues“ wiederholen und betrieb dazu eine für die 50er Jahre außergewöhnlich aufwendige Medienkampagne. Das Unternehmen gelang, John Gavin und Lilo Pulver wurde das Liebespaar des Jahres und der Film erhielt einen Oscar. Nur in Deutschland tat man sich wieder schwer mit Remarque, hier wurde der Film erst Jahrzehnte später gut besprochen.“ (Katalog zur Hamburger Remarque-Retrospektive) Kino 46
B
Besser geht's nicht USA 1997, R: James L. Brooks, D: Jack Nicholson, Helen Hunt
„Leute, die Metaphern benutzen, können mir den Schritt schamponieren“ – O ja, Melvin Udall (Jack Nicholson) ist ein wahres Herzchen! Das läßt er Leute spüren, die auf seinem angestammten Platz im Restaurant sitzen, ihn fragen, wie's ihm geht oder einfach nur im Weg sind. Drei „Golden Globe“-Auszeichnungen (für Nicholson, Hunt und die Beste Komödie) lassen erahnen, wie gut diese hundsgemeine, herzerweichende Liebesgeschichte ist. Absolutes Highlight bleibt aber Jack Nicholson als „Rain Man“ mit mieser Laune, zweifellos eine dankbare Rolle, die ihm perfekt paßt.“ (TV-Spielfilm) CinemaxX, UT-Kino
Blues Brothers 2000 USA 1998, R: John Landis, D: Dan Aykroyd, John Goodman, Joe Morton
„Es ist das Schicksal jeder Fortsetzung, mit dem Vorgänger verglichen zu werden; besonders, wenn sie fast 20 Jahre auf sich warten läßt. Leider hat sich das Warten auf „Blues Brothers 2000“ kaum gelohnt, auch wenn die Neuauflage mit irrwitzigen Autokarambolagen und Auftritten von James Brown, Aretha Franklin etc. dem ersten Teil gerecht zu werden versucht. „Blues Brothers“ war Kult, als der Begriff noch nicht inflationär gebraucht wurde, und entsprechend groß war die Vorfreude, die vertrauten Figuren wiederzusehen. Aber leider ist die Fortsetzung zu sehr Abklatsch und, trotz guter Musik von der Creme der Bluesmusiker, einfach nicht witzig genug. (TV-Spielfilm) UFA-Palast, CinemaxX, UT-Kino, Wall- & Ziegelhofkinos (Ol)
Bobo und die Hasenbande Deutschland/Ungarn/USA 1995, R: Jenö Koltai
„Der junge Hund Bobo wird einfach ausgesetzt, findet aber ziemlich schnell sechs gute Freunde. Bei diesem einfach animierten Zeichentrickfilm geht es vorrangig um gegenseitiges Helfen und das Lernen voneinander. Zähne zeigen ist in manchen Situationen die Devise. Für kleine Hasenfüße im Kino nicht nur eine nette Aufforderung, sondern manchmal auch, wenn zum Beispiel der Habicht angreift, eine kleine Mutprobe.“ (tip) Gondel
Boogie Nights USA 1997, R: Paul Thomas Anderson, D: Burt Reynolds, Julianne Moore
Der Film führt uns in die neongleißenden 70er und zu Jack Horner, einem Porno-Produzenten mit Idealen, der sich an dem schweren Dilemma abplagt: Wie hält man auch nach dem Orgasmus noch die Zuschauer im Kino? Ohne moralisierend zu bewerten, stellt uns der Film Horner, seine Stars und Mitarbeiter als eine erstaunlich liebenswerte Ersatzfamilie vor und weitet den Film dabei schnell zu einem gesellschaftlichen Panorama aus, das ähnlich episch und ambitioniert wirkt wie Altmans „Nashville“. Zudem steht „Boogie Night“ in der Tradition des Hollywood-Realismus von Filmen wie „Midnight Cowboy“ oder „Lenny“, in denen Dustin Hoffman jeweils den Helden in der Gosse spielt. Er wäre als Jack Horner auch gut gewesen, aber bei Burt Reynolds ist die Rolle so nah an dem realen Image des Stars, der ja immer etwas trivial und fadenscheinig wirkt, daß er die Idealbesetzung ist und zurecht für den Oscar nominiert wurde. (hip) Europa, Casablanca (Ol)
Brassed Off – Mit Pauken und Trompeten Großbritannien 1997, R: Mark Herman, D: Pete Postlewaite, Evan McGregor, Tara Fitzgerald
Wer will schon einen Film über das Wohl und Wehe einer Blaskapelle sehen? Dazu noch als deprimierender Hintergrund die Schließung eines Kohlenbergwerks im britischen Yorkshire: Regisseur Mark Herman hat sich einen denkbar unattraktiven Stoff für seine Komödie ausgesucht, und um so überraschender ist es, wenn nach dem Film ein großer Teil des Publikums leise Märsche vor sich herpfeift, andere sich die Augen wischen und alle sich prächtig amüsiert haben. Die traditionsreiche Perle des proletarischen Gemeindelebens von Grimley ist die „Colliery Band“, geleitet vom strengen und ehrgeizigen Dirigenten Danny, der von Pete Postlewaite mit soviel Wärme, Witz und natürlicher Autorität gespielt wird, daß wir ihm am Schluß sogar seine wundersame Heilung vom Todkranken zum flammenden Redner in der Royal Albert Hall abnehmen. Herman bringt uns die Bandmitglieder und ihre Familien als eine verschworene Gemeinschaft von skurillen Charakteren nahe, und mit geschickt gesetzten Pointen gelingt es ihm, eine feine Balance zwischen Gefühl und Humor zu halten. (hip) Filmstudio
Brombeerzeit Großbritannien 1997, R: David Leland, D: Catherine McCormack, Rachel Weiz, Anna Friel
„Drei hübsche junge Frauen in Uniform, temperamentvolle Städterinnen, die als Freiwillige auf einem Bauernhof beim Melken und Mistschippen, Pflügen und Rübenhacken mittun: „The Land Girls“ (so der Originaltitel) beschwört die Kriegsjahre in Südengland herauf, als eine Frauen-Hilfsarmee tatkräftig an der landwirtschaftlichen Heimatfront die Versorgung in Gang hielt. Der herzhafte, altmodisch freundliche Film (nach einem Roman von Angela Huth) schaukelt zwischem Amüsantem und Sentimentalem dahin, gönnt jeder Heldin eine Nacht mit dem gutmütigen Jungbauern und kippt erst am Ende ins Moralisch-Melodramatische ab.“ (Der Spiegel) Cinema, UT-Kinocenter, Wall- & Ziegelhofkinos (Ol)
C
City of Industry USA 1997, R: John Irvin, D: Harvey Keitel, Famke Janssen
„Auch ein Gangster hat seine Kümmernisse: Er sorgt sich zuweilen, wo er wohl für sein Mütterchen einen Altersheimplatz findet. Im übrigen tun die Gangster auch in diesem ungewöhnlichen Gangsterfilm, was man von ihnen erwartet: Erst berauben sie gemeinsam einen Diamantentransport, dann zerfleischen sie einander im Streit um die Beute; die Polizei hat dabei nichts zu tun. Dem aus Schottland stammenden Regisseur John Irvin, der schon vielerlei, doch wenig Spezifisches gemacht hat, ist mit „City of Industry“ ein dreckig realistischer Los-Angeles-Thriller gelungen: Wieder einmal ist Harvey Keitel das Zugpferd einer aufregenden Ballerballade, und wo er sich ins Zeug legt, ist es die Mühe wert.“ (Der Spiegel) Atelier
Comedian Harmonists Deutschland 1997, R: Joseph Vilsmaier, D: Ben Becker, Ulrich Noetken, Kai Wiesinger
Diese posthume Erfolgsgeschichte mußte natürlich auf der großen Leinwand enden, und der große Gefühlsbademeister Vilsmaier ist wohl auch der richtige Mann dafür. Man könnte sich zwar auch eine schön böse Tragikomödie von Helmut Dietl vorstellen, die dem raffinierten Witz ihrer Lieder sicher näherkäme, aber bei Künstlerbiographien mit solchen Pflichtzutaten wie „Aufstieg und Fall“, den Greatest hits und Schauspielern, die den Originalen möglichst ähnlich sehen, stört zuviel Originalität nur. Nur die Diskrepanz zwischen dem eher schwerfälligen Film und der leichtfüßigen Musik der Comedian Harmonists irritiert etwas: dies ist der kleine grüne Kaktus in Cinemascope. (hip) City, CinemaxX, Casablanca (Ol), Passage (Del)
D
Deep Impact USA 1998, R: Mimi Leder, D: Robert Duvall, Tea Leoni, Maximilian Schell, Morgan Freeman
„Mit einem Kometen, der auf die Erde zustürzt, droht der Menschheit, wenn sie Pech hat, etwa dasselbe Malheur wie den Dinosauriern vor 65 Millionen Jahren. Für ein Kinoszenario jedoch erweist sich diese Weltuntergangsdrohung als wenig aufregend und geradezu lächerlich banal: Hollywood-Weichkäse also, so gut wie mancher andere, der nicht einmal in den Gemütern von Katastrophenfreaks einen tiefen Einschlag („Deep Impact“) verursachen wird. Diesmal kommt, alles andere als überraschend, die Menschheit mit einem blauen Auge davon, doch der nächste Riesenkomet aus Hollywood wird unter dem Titel „Armageddon“ schon in zwei Monaten in den deuschen Kinos einschlagen.“ (Der Spiegel) CinemaxX, UT-Kinocenter, Ufa-Palast, Lichtspielhaus (Del), Wall- & Ziegelhofkinos (Ol), Solitaire (Westerstede)
Diva Frankreich 1980, R: Jean-Jacques Beineix, D: Wilhelmenia Wiggins-Fernandez, Richard Bohringer
„Ein junger Postbote schneidet heimlich das Konzert einer von ihm bewunderten Opernsängerin mit und gerät in tödliche Gefahr, als das Band mit einem zweiten verwechselt wird, das einen mächtigen Gangsterboß belastet. Mit märchenhaften Zügen gestalteter Kriminalfilm. Er verdichtet klassische Genre-Elemente mit mythisch-surrealen Motiven zu einer witzigen und einfallsreichen Persiflage auf die Ästhetik von Werbung und eine extravagante Konsumgesellschaft.“ (Lexikon des internationalen Films) CinemaxX
E
Eine Hochzeit zum Verlieben USA 1997, R: Frank Coraci, D: Adam Sadler, Drew Barrymore
„Daß die achtziger Jahre eine einzige Geschmacksverirrung waren, wird nach diesem Film niemand mehr bestreiten. Die Kitschkomödie um einen erfolglosen Sänger (Adam Sandler) und seine große Liebe (Drew Barrymore) läßt nichts aus. Stirnbänder, Fußballerfrisuren, New-Wave-Möbel und Pirate-style. Ziemlich komisch, wenn es nicht so gräßlich wäre.“ (Der Spiegel) CinemaxX, Wall- & Ziegelhofkinos (Ol)
Ein langes Leben – Olga Bontjes van Beek Deutschland 1998, R: Konstanze Radziwill und Sara Fruchtmann / Filmpremiere in Anwesenheit der Regisseurinnen
„Der Film erzählt von einer Frau, die fast ein Jahrhundert alt wurde. Olga Bontjes van Beeks persönliche Geschichte ist mit der Zeitgeschichte eng verbunden. Ihre Entwicklung als Künstlerin nimmt nicht den gradlinigen Verlauf wie die der mit ihr befreundeten männlichen Kollegen: avantgardistische Ausdruckstänzern, Ehefrau, geschiedene Frau, expressionistische Künstlerin und Mutter dreier Kinder, die sie in der Nazizeit konsequent zu freien Individuen erzog. Im Film wird ihre Geschichte von den überlebenen Kindern Tim und Mietje erzählt.“ (Kommunalkino Bremen) Kino 46
F
Flubber USA 1997, R: Les Mayfield, D: Robin Willams, Marcia Gay Harden, Christopher McDonald u.a.
„Eigentlich müßte Flubber bei uns Flummi heißen: Fliegendes Gummi ist der Star dieser Disney-Komödie. Die neueste Erfindung von Professor Brainard (Robin Williams) birgt ungeahnte Talente; hundertfach vervielfältigt, legt die grünlich-schleimige Substanz einen flotten Mambo aufs Parkett und geht ab wie eine Rakete, wenn man sie anschubst. Das schreit nach bösen Buben, die die Wundermasse zu Geld machen wollen ... Immer wieder versucht Disney, mit Remakes erfolgreicher Komödien Kasse zu machen. Die klingelt bei der Neuauflage von „Der fliegende Pauker“ auch lautstark.“ (TV Spielfilm) CinemaxX
Fragments Jerusalem Israel 1986-97, R: Ron Havilio / Originalfassung mit Untertiteln
„Ron Havilios monumentales Portrait versammelt hunderte Momente: Episoden aus der eigenen Familiengeschichte, die meist um die erbärmliche Armut der Juden in Jerusalem kreisen, Berichte über technologische Neuerungen, in denen sich der Einzug des Säkulären in die Religionsstadt ankündigt, geschichtliche Kämpfe. „Fragments Jerusalem“ ist sechs Stunden lang: eine komplexe, weit ausholende Arbeit, die historische Recherche mit individueller Spurensuche vernetzt und sich mehr oder weniger chronologisch, immer wieder vom Gestern ins Heute springend, vom Beginn des 19. Jahrhundets bis in die Gegenwart vorarbeitet. Die Raffinesse dieses respekteinflößenden Werkes, sein besonderer Dreh, ist das unangestrengte Ineinander von Familien- und kollektiver Geschichte.“ (taz) Kino 46
Frau Rettich, die Czerni und ich Deutschland 1998, R: Markus Imboden, D: Iris Berben, Jeanette Hain, Martina Gedeck
„Wenn deutsche Filme ihre Figuren ins Chaos stürzen wollen, schicken sie die Ärmsten auf Reisen. Meist bricht fern der Heimat das Auto zusammen, die supersauberen Yuppies kriegen Schweißflecken unterm Arm, und in der Glut des Südens steigt ihr Hormonspiegel: Amore und Krach. Daß dieses Reisemotiv ein spießiges Überbleibsel aus Caprifischer-Tagen ist, kann die Verfilmung von Simone Borowiaks Roman nicht verhehlen. Drei Frauen unter spanischer Sonne, an ihrer Seite ein paar Kerle (fast filmrettend: Olli Dittrich) und der obligate Filmschwule (Dirk Bach) – und schwupp ist die Klamotte fertig. Zielgruppe: alle, die Pauschalreisekataloge für Literatur halten.“ (Der Spiegel) UFA-Palast
Das 5. Element Frankreich 1997, R: Luc Besson, D: Bruce Willis, Gary Oldman
„Die Außerirdischen in diesem Film sind das Rührenste, was seit E.T. auf der Leinwand zu sehen war. Sie sehen aus wie Rhinozerosse, die aufrecht gehen. Besson hat sich keine Zukunft ausgedacht, er hat einfach die Gegenwart ein wenig weiter getrieben. Selbst Bruce Willis macht hier eine gute Figur.“ (taz) City / auch in der Originalfassung ohne Untertitel
G
Ganz oder Gar Nicht Großbritannien 1997, R: Peter Cattaneo, D: Robert Carlyle, Tom Wilkinson, Mark Addy
„Weil nackt tanzen immer noch besser ist als arbeitslos herumhängen, gründen sechs schmalbrüstige, unmusikalische und dickbäuchige Männer eine Stripteasegruppe. Nur britisches Kino schafft es, Themen wie den Niedergang der Stahlindustrie mit Familienvätern in roten Latex-Tangas zusammenzubringen – spöttisch, komisch und sentimental.“ (Der Spiegel) CinemaxX
Der gebuchte Mann USA 1997, R: Glenn G. Caron, D: Jennifer Aniston, Jay Mohr
„Der gebuchte Mann“ versucht sich als romantische Komödie im Gefolge von „Die Hochzeit meines besten Freundes“ zu verkaufen. Doch dem angestrengten Verwirrspiel um Herzensglück und Liebesleid mangelt es neben Witz und Esprit vor allem an Leidenschaft, die den berühmten Funken überspringen ließe. Die Fußstapfen einer Julia Roberts sind für TV-Star Jennifer Aniston einige Nummern zu groß. Doch selbst eine „pretty woman“ hätte diesem Film kaum Leben einhauchen können.“ (TV-Spielfilm) CinemaxX, Wall- & Ziegelhofkinos (Ol)
Good Will Hunting USA 1997, R: Gus van Sant, D: Matt Damon, Robin Williams
„Der junge Will Hunting jobbt als Putzhilfe an der Uni. Nachts löst er dort nebenbei die schwierigsten Mathematik-Aufgaben, die auf der Tafel noch übriggeblieben sind. Professor Lambeau erkennt das Genie, das in dem Jungen steckt. Doch der wilde Will aus der Vorstadt prügelt sich lieber mit seinen Arbeiter-Kumpels. Des Lehrers letzte Hoffnung ist sein einstiger College-Kollege Sean McGuire, ein Psychiater-Freak. Zwischen dem traumatischen Teenie und dem schrägen Therapeuten entwickelt sich ganz langsam eine Vater-Sohn Freundschaft. Die Geschichte riecht nach Schmalz und Tränendrüsendrücker. Doch ein Gus van Sant („Drugstore Cowboy“, „My Private Idaho“) kennt bekanntlich keinen Kitsch.“ (Bremer) CinemaxX
H
Harry außer sich USA 1997, R: Woody Allen, D: Woody Allen, Robin Williams, Kristie Alley
Der Originaltitel ist Programm bei Woody Allens neuem Film. In „Deconstructing Harry“ nimmt er sein Alter ego, den altbekannten Stadtneurotiker, so konsequent und gnadenlos auseinander wie noch nie vorher. Vor allem wagt er es, in der Rolle des alkoholsüchtigen, manipulativen und egozentrischen Schriftsteller Harry zum ersten Mal, einen unsympathischen Protagonisten zu spielen, den auch seine Witze nicht vor den Abgründen seiner Psyche retten können. Und auch die traditionelle Dramaturgie dekonstruiert Allen hier radikal. So böse, kompromißlos und originell war Allen schon lange nicht mehr. (hip) Gondel, UT-Kinocenter, Casablanca (Ol)
Hercules USA 1997, R: Ron Clemens
„Dies ist nach dem eher ernsthaften „Glöckner von Notre Dame“ eine Rückkehr zum süßlich-komischen Stil von „Die kleine Meerjungfrau“ und „Aladin“. Es ist natürlich völlig anders als alles, woran wir uns aus der antiken Heldensge erinnern: Sehr amerikanisch, laut und vulgär, aber halt auch ein großer Spaß.“ (Christopher Tookey) Kino 46
J
Jenseits der Stille Deutschland 1996, R: Caroline Link, D: Howie Seago, Emmanuelle Laborit
„Caroline Link zeigt, daß mit dem deutschen Kino auch dann noch zu rechnen ist, wenn ihm das Lachen vergangen ist: Eine Tochter gehörloser Eltern wird ausgerechnet Musikerin. Die Eltern begreifen nicht, daß sie sich mit ihrer Klarinette jenseits der Sprache ausdrücken kann – genauso wie diese mit ihren Gebärden. Mit „Jenseits der Stille“ ist der jungen Regisseurin ein wunderbar musikalischer Film aus der Welt der Taubstummen gelungen.“ (Der Spiegel) Cinema, Solitaire (Westerstede)
K
Kiss or Kill Australien 1997, R: Bill Bennett, D: Frances O'Connor, Matt Day
„Elf Nominierungen und schließlich fünf Auszeichnungen vom Australian Film Institute – mit diesen Referenzen wirbt „Kiss or Kill“ um Zuschauer für seine Geschichte um ein kriminelles Pärchen auf der Flucht vor Vergangenheit, Cops und einem zu allem entschlossenen Päderasten. Ein vermeintlich verstaubtes Szenario, das durch unverbrauchte Hauptdarsteller, eine nicht beliebig eingesetzte, sondern bewußt die Psyche der Figuren spiegelnde Jump-Cut-Schnitt-Technik und einen subtil ironischen Ton frischer wirkt als andere, sich gewichtiger und pompöser gebende Vertreter des Genres. Vertrauen und Täuschung sind zentrale Themen dieses recht lebendig wirkenden, unverkrampften Films. Mat Day und Frances O'Connor überzeugen in der Kompromißlosigkeit ihrer Beziehung als Identifikationsfiguren jenseits aller Stereotypen.“ (Blickpunkt: Film) Schauburg
L
Last Chance Love USA 1997, R: Ankie Lau, D: Ankie Lau, Tyrone Power jr.
„Nachdem ihre Ehe mit dem Amerikaner Robert gescheitert ist, fliegt Jessica zusammen mit ihrer 14jährigen Tochter Kim in ihre Heimat China zurück. Am Flughafen treffen beide auf den attraktiven Manager Michael. Jessica verliebt sich in ihn, aber Kim kann ihren Ersatzvater nicht ausstehen. Ein gutes Beispiel für einen schlecht erzählten Film.“ (Prinz) UFA-Palast
Das Leben ist ein Spiel Frankreich/Schweiz 1997, R: Claude Chabrol, D: Michel Serrault, Isabelle Huppert
„Nach selbst verfaßtem Drehbuch schickt Chabrol in seinem 50. Film zwei von seinen Lieblingsschauspielern in ein krimikomödiantisches Fondue für Feinschmecker. Huppert und Serrault bilden das erfolgreiche Gauner-Gespann Betty und Victor, das sich mit raffinierten Trickbetrügereien das eigene Portemonnaie füllt. Mit pointierten Dialogen, dreisten Wendungen und sogar einer schweißtreibenenden Folterszene zu Opernmusik würzt er sein skurilles Jubikäumswerk. (Bremer) Gondel, Atelier
Live Flesh Spanien/Frankreich 1997, R: Pedro Almodovar, D: Liberto Rabal, Jasier Bardem, Francesca Neri
„Aus der Perspektive eines Hurenhauses lassen sich auch den bitteren Jahren des Franco-Regimes noch grell-bunte Seiten abgewinnen. Langsam gleitet die Kamera durch die neonschrille Welt der Puffmutter Donja Cento, bevor sie vom Sog gellender Schreie angezogen wird: Eines der Mädchen windet sich mit spanischem Temperament unter Wehen; den Weg ins Krankenhaus wird sie nicht mehr schaffen. Nichts verläuft in diesem Film so wie es sein sollte, wie irgendjemand es sich wünscht oder erwartet. Das Leben bei Almodovar ist voller Umwege und Zufälle. „Live Flesh“ ist ein Melodram im Spannungsfeld von griechischer Tragödie und spanischer Farce.“ (epd-film) Schauburg
M
Männer und Frauen – Die Gebrauchsanleitung Frankreich 1996, R: Claude Lelouch, D: Bernard Tapie, Fabrice Luchini
„Dies wäre kein französischer Film, wenn er tatsächlich eine Gebrauchsanleitung liefern würde. Und es geht auch weniger um Frauen als vielmehr um zwei Männer, von denen einer todkrank ist, der andere kerngesund. Weil aber die Ärztin mit dem Gesunden eine Rechnung offen hat, vertauscht sie die Untersuchungsergebnisse. Claude Lelouchs neues Werk handelt von nichts Geringerem als dem Leben und der Liebe, Krankheit und Tod. Eben ein französicher Film.“ (Der Spiegel) Atlantis
Marvins Töchter USA 1996, R: Jerry Zaks, D: Meryl Streep, Leonoardo DiCaprio, Diane Keaton
„Zwei Schwestern um die 50. Während Lee früh das Weite gesucht hat und sich als alleinerziehende Mutter durchs Leben schlägt, hütet Bessie seit 20 Jahren aufopferungsvoll das Krankenbett ihres gelähmten Vaters – bis eines Tages bei ihr selbst Leukämie diagnostiziert wird. Als mögliche Knochenspender kommen nur Lee und ihre beiden Söhne in Frage. Jerry Zaks tragikomisches Fmiliendrama ist liebevoll, aber auch hausbacken inszeniert. Sehenswert sind die Schauspieler – allen voran Diane Keaton als hilflose Helferin und Meryl Streep, der es sichtlich gut tut, mal nicht die Sensible zu spielen, sondern eine Frau mit Biß.“ (tip) Aber jetzt, ein Jahr nach dem Bundesstart, kommt der Film nochmal ins Kino, weil Mr. Titanic Leonardo DiCaprio mitspielt. UFA-Palast
Mäusejagd USA 1997, Gore Verbinski, D: Nathan Lane, Lee Evans
„Die Brüder Ernie und Lars Smuntz erben eine Fabrik, ein Haus und eine Maus. Die Fabrik scheint den Brüdern wertlos zu sein, das Haus aber wollen sie versteigern; nur die Maus muß raus. Der Werbefilmer Gore Verbinski nutzt diesen einfachen Plot, um zu zeigen, was er so alles kann. Aber nach der zehnten überrraschenden Kamerafahrt ist die „Tom und Jerry“-Dramaturgie verbraucht, und auch die Maus fängt irgendwann an, höllisch zu nerven.“ (tip) UT-Kinocenter, CinemaxX
Das Mercury Puzzle USA 1998, R: Harold Becker, D: Bruce Willis, Miko Hughes, Alec Baldwin
„Viele Fragen bleiben offen nach Harold Beckers letzlich enttäuschendem Thriller mit Starbesetzung. Der neunjährige Autist Simon knackt den geheimen Zugangscode zum noch geheimeren „Mercury-Programm“. Wie? Anscheinend stand der Code in einem Kreuzworträtselheft, natürlich verschlüsselt. Warum, bleibt offen. Um die weitere Verbreitung des Codes zu verhindern, schickt Lt. Colonel Kudrow (Alec Baldwin) sein Spezialisten los. Auftritt FBI-Agent Art Jeffries (Bruce Willis), der den kleinen Codeknacker beschützen will. Obwohl streckenweise nicht unspannend, mißlingt dem Drehbuch der Spagat zwischen „Der einzige Zeuge“, „Rain Man“ und so ziemlich jedem Actionstreifen mit Bruce Willis. Nichts gegen den „Stirb langsam“-Star, aber wie oft wollen wir Willis noch mit gezogener Pistole um Häuserecken lugen sehen?“ (TV-Spielfilm) CinemaxX, UT-Kinocenter, Passage (Del), Wall- & Ziegelhofkinos (Ol)
Mr. Magoo USA 1997, R: Szanley Tong, Leslie Nielsen, Kelly Lynch
„Es ist bezeichnend, daß Disney in politisch korrekten Zeiten wie diesen am meisten damit zu tun hatte, die aufgebrachten Blindenverbände zu besänftigen. Am Ende des Films steht folglich ein Hinweis, nichts in „Magoo“ sei eine „akkurate Darstellung von Blindheit oder Sehschwäche“. Übersehen hat man dabei aber noch etwas: den Witz. Millionär Quincy Mogoo ist zu eitel (oder dämlich?), um eine Brille zu tragen, die er eigentlich dringend braucht. Das allein führt zu allerlei Chaos. Leslie Nielsen war mal komisch, jetzt ist er nur noch albern und stolpert durch kalmaukigen Slapstick, dem auch Regisseur Stanley Tong („Rumble in the Bronx“) nicht auf die Sprünge helfen kann.“ (TV-Spielfilm) UT-Kinocenter, Wall- & Ziegelhofkinos (Ol), Cinemaxx
Mord im Weißen Haus USA 1997, R: Dwight H. Little, D: Wesley Snipes, Diane Lane
„Ein schwarzer Beamter des Washingtoner Morddezernats soll den Tod einer Frau aufklären, die im Weißen Haus ermordet wurde. Nicht nur durch die Secret-Service-Beamtin, die ihm an die Seite gestellt wird, merkt er, daß ihm nur frisierte Imformationen zugänglich sind, weil der Präsident, sein Sohn und der Sicherheitschef des Oval Office zu den Verdächtigen zählen. Polizei-Thriller, der sich damit begnügt, die Mechanismen des Genres routiniert in Gang zu setzten. Kurzatmige Anspielungen auf aktuelle Zusammenhänge verpuffen ohne inhaltlichen Widerhall.“ (film-dienst) CinemaxX, UFA-Palast, Gloria (Del)
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Nihavend mucize (Heirat der Wunder) Türkei 1997, R: Atif Yilmaz, D: Türkan Soray, Lale Mansur / Originalfassung mit Untertiteln
Türkischer Spielfilm, der von dem Besitzer eines Filmstudios erzählt, der an einem schlimmen Ödipuskomplex leidet. Seine Mutter hat es sich zur Aufgabe gemacht, ihn davon zu heilen, indem sie sich gebärdet wie eine ganz gewöhnliche Frau. Und dies macht sie, indem sie mit seinem Geschäftspartner flirtet - mit dramatischen Konsequenzen. Schauburg
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O Amor Natural Niederlande 1996, R: Heddy Honigmann / Originalfassung mit Untertiteln
„Dieser groß- und einzigartige Lyrik-Dokumentar-Film ist ein Glücksfall für das Kino. Die in Peru geborene Dokumentarfilmerin Heddy Honigmann ging mit ihrer Kamera auf die Straße, um die Wirkung des in Brasilien ebenso berühmten wie populären Lyrikers Carlos Drummond de Andrade einzufangen, Passanten zu Wort kommen und sie aus der posthum veröffentlichten erotischen Anthologie „O Amor Natural“ vorlesen zu lassen. Die Dichterworte werden existent, wenn sie gelesen und gesprochen werden – mitten auf dem Markt, in der Straßenbahn, am Strand, unter der Dusche. Die erotischen Gedichte verbinden sich mit den erotischen Erfahrungswelten der Leser. Und da diese in Honigmanns Film im selben vorgerückten Alter sind, wie der ebenso rüstige wie vitale Dichter zur Zeit der Textentstehung (Ende siebzig/Anfang achtzig), gibt es genug Berührungspunkte, um etwas Neues entstehen zu lassen.“ (epd-film) Cinema
Octalus – Der Tod aus der Tiefe USA 1997, Stephen Somers, D: Treat Williams, Famke Janssen
„Titanic -Regisseur Cameron darf sich geschmeichelt fühlen, angesichts der Deutlichkeit, mit der sich das Seemonster-Actionspektakel „Octalus“ bei seinem Unterwasserepos „Abyss“ und nebenbei der kompletten „Alien“-Saga bedient. Herausgekommen ist ein ganz spaßiger, vorhersehbarer B-Movie-Horror mit 1a-Effekten.“ (V. Bleek) UFA-Palast
P
Pumuckel und der kleine Klabauter Deutschland 1994, R: Alfred Deutsch, D: Gustl Bayrhammer, Hans Clarin, Heinz Eckner
„Der deutsche Kinderfilm, so scheint's, hat in den letzten 20 Jahren keine Fortschritte gemacht. Die Geschichte und die Gags sind so konventionell wie ehedem, und die Protagonisten sind auch dieselben geblieben.“ (tip) Atlantis
R
Reservoir Dogs USA 1991, R: Quentin Tarantino, D: Harvey Keitel, Tim Roth, Chris Penn
Das in seiner strengen Logik gnadenlose Abdriften des vermeintlich perfekten Verbrechens ins Chaos sowie die komplizierte Erzählstruktur hat Tarantino von Stanley Kubricks „The Killing“ übernommen, und die guten Kenner des Hongkong-Action-Kinos können genau belegen, aus welchen Filmen er welche Szenen abgekupfert hat. Dennoch ist Tarantino hier weit mehr als nur ein Epigone. Sein Film hat eine Sogwirkung, der man sich kaum entziehen kann. Jedes Bild, jeder Ton, jede Einstellung stimmt. Wie bei Kubricks Film liegt hier die feine Ironie von „Reservoir Dogs“: Das präzis geplante Verbrechen geht schief, der genauso perfektionistisch geplante Coup im Kino gelingt. (hip) City
S
Die Schwächen der Frauen Lux/Bel/F/Ch/P/Sp 1997, R: Luis Galvao Teles, D: Carmen Maura, Miou-Miou, Guesch Patti
„Was sind die geheimen Wünsche einer Frau von 40?“ recherchiert die Fernsehjournalistin Linda Lapa in diesem Film, und die Antworten, die sie von ihren Freundinnen erhält sind keine großen Überraschungen: „Cherchez l–homme“ ist das Grundthema dieses Episodenfilms. Teles hat für die leichtfüßige Liebeskomödie den passend eleganten Stil, und das romantische Lissabon beweist hier einmal mehr, daß es neben Venedig die schönste Filmstadt Europas ist. (hip) Gondel
Schweinesand Deutschland 1997, R: Stephanie Grau
„Schweinesand, eine Story um eine angebliche Kindesentführung, ist gemeinsam mit den Kindern entwickelt worden – man merkt den jungen Schauspielern die Spaß beim Drehen an. Leider bedient der Film so ziemlich alle Klischees, die man eigentlich schon längst vergessen glaubte: Trottelige Kommissare, hochnäsiges Reichengör, glücklicher Penner, dazu jede Menge sinnbeladener Sprüche. Leider bleibt dabei die Spannung auf der Strecke – obwohl Kalle Blomquist erklärtermaßen als Vorbild dient.“ (epd-film) UFA-Palast
Scream 2 USA 1997, R: Wes Craven, D: Neve Campbell, Courtney Cox, David Arquette
„In einer der besten Szenen dieses Films wird über Fortsetzungen berühmter Filme diskutiert und warum die niemals gelingen können. „Scream 2“ ist eine Fortsetzung, und sie ist noch gelungener als ihr Vorgänger. Womit einiges über die Ironie, den Witz und die Cleverness dieses Horrorfilms von Wes Craven (Regie) und Kevin Williamson (Buch) erzählt wäre, der sein eigenes Genre spiegelt, um das Spiegelbild noch einmal zu spiegeln.“ (Der Spiegel) CinemaxX
So Ends Our Night USA 1940, R: John Cromwell, D: Frederic March, Glenn Ford, Margarret Sullivan / Originalfassung ohne Untertitel
„Nach „Im Westen nichts Neues“ gilt „So Ends Our Night“ als eine der besten Remarque-Verfilmungen. Erzählt werden die Exilgeschichten des aus einem deutschen Konzentrationslager geflohenen „Politischen“ Josef Stiner und des jüdischen Flüchtlingspaares Ludwig Kern und Ruth Holland. Ein scheinbar auswegloser Kreislauf aus Ankunft, Verhaftung, Flucht führt sie durch die Länder Tschechoslowakei, Österreich, die Schweiz und Frankreich. Am Ende diese Weges, den Remarque die „Via Dolorosa des deutschen Exilks“ nannte, steht für Steiner der Selbstmord, wobei er seinen von Erich von Stroheim gepielten Peiniger mit in den Tod zieht, und für die Liebenden die Flucht aus Europa.“ (Katalog für die Hamburger Remarque-Retrospektive) Kino 46
Stadt der Engel USA 1998, R: Brad Silberling, D: Nicolas Cage, Meg Ryan
Hollywood hat es sich scheinbar zur Aufgabe gemacht, alles durch die Remake-Wurstmaschine zu drehen. Jetzt hat es sogar den armen Wim Wenders mit seinem „Der Himmel über Berlin“ erwischt. Die „Stadt der Engel“ ist also jetzt L.A., Nicolas Cage kann man in der Bruno-Ganz-Rolle des sterblich gewordenen Engels bewundern, und Meg Ryan muß als die Trapezkünstlerin ständig schön herumhüpfen. Dabei sehen wir ihr zwar lieber zu als einst Solveig Dommartin im Original, aber ob alleine das schon den Film rettet? (hip) Europa
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Tango-Nacht
Zum längsten Tag des Jahres veranstaltet das Bremer Kommunalkino eine ganze Nacht mit Tango-Filmen, darunter „Süden/Sur“ von Fernando E. Solanas und „Tango Bar“ aus dem Jahr 1935 mit Carlos Gardel. Zwischen den Filmen tanzen Catalina und Thomas live im Kino 46
The Replacement Killers USA 1998, R: Antoine Fuqua, D: Chow Yun-Fat, Mira Sorvino, Jürgen Prochnow / Originalfassung ohne Untertitel
„Der amerikanische Regisseur Antoine Fuqua hat viele Hongkong-Action-Filme gesehen und trotzdem nichts verstanden. Ideenlos schustert er Versatzstücke zusammen. Daß seine Imitation trotzdem noch ganz anständig geworden ist, liegt vor allem an Chow Yun-fat, der Würde ins finstere Spiel bringt.“ (Der Spiegel) UFA-Palast, Solitaire (Westerstede)
Titanic USA 1997, R: James Cameron, D: Leonardo DiCaprio, Kate Winslet
„Nicht Cameron hat ein Thema gefunden, sondern das Thema ihn. Dem Drehbuchautor und Regisseur kommt es dabei nicht auf Symbole und Metaphern an. Er sucht das private Drama in der Kollision zwischen menschlicher Hybris und der von aller technischen Raffinesse unbeeindruckten Natur. So besitzt dieser Actionfilm durchaus Züge eines Kammerspiels, die den Fluß der Katastrophe immer wieder auf produktive Weise hemmen - im Dienste einer großen, altmodisch erzählten Love-story.“ (epd-Film) CinemaxX, UT-Kinocenter, Wall- & Ziegelhof (Ol), Gloria (Del), Solitaire (Westerstede)
True Romance USA 1993, R: Tony Scott, D: Patricia Arquette, Christian Slater, Gary Oldman
„Der Elvis-Fan Clarence und das Callgirl Alabama kommen unerwartet an einen Koffer voll Kokain. Vor der Drogenmafia fliehen sie nach Hollywood, wo sie den Stoff versetzen wollen. Ein Comic- und Pop-art-Märchen mit einem umwerfenden Showdown und einem hemmungslos überzogenen Happy-End. Der nie erlahmende Motor von „True Romance“ sind die Träume, Bilder und Klischees der Filmfabriken in Hollywood.“ (tip) City
U
Und vor mir die Sterne Deutschland 1998, R: Ulrike Franke, Michael Loeken
Dieser Dokumentarfilm beschreibt den Lebensweg von Renate Kern. Die Schlagersängerin aus Wildeshausen feierte in den 60ern Hits wie „Du mußt mit den Wimpern klimpern“, versuchte in den 80ern ein Comeback als die deutsche Countrysängerin Nancy Wood, blieb aber im Grunde immer in der niedersächsischen Provinz stecken und nahm sich 1991 bei Delmenhorst das Leben. Kollegen, Fans und Verwandte erzählen von ihrem Auf- und Abstieg, und dabei entsteht ein sehr genaues und exemplarisches Bild von einer Frau, die zwar das Talent, aber nicht das dicke Fell hatte, um im deutschen Showgeschäft zu überleben. Der Film ist komisch, berührend und manchmal fast schon böswillig. (hip) Europa, Passage (Del)
V
Vier Geschichten über fünf Tote Deutschland 1997, R: Lars Büschel, D: Thira Walke, Sibylle Brunner, Rainer Bock
„Mit bemerkenswerter Offen- und Unvoreingenommenheit nähert sich der Film dem Tabuthema „Tod und Sterben“, wobei er mit der märchenhaften Ankunft von soeben Verstorbenen in einer Art Himmel vier Episoden verklammert. Trauer und Komik werden auf mal irritierende, mal Widerspruch herausfordernde Weise in einem letzlich tröstlichen Zusammenhang gebracht.“ (film-dienst) Cinema
W
Welcome To Sarajevo Großbritannien 1997, R: Michael Winterbottom, D: Stephen Dillane, Woody Harrelson, Marisa Tomei
„Michael Winterbottoms Film ist kein weiteres Lamento über die Rolle der Medien und ihrer Komsumenten angesichts eines Krieges, im Gegenteil. Er erzählt von Menschen, die ihre Beobachterposition aufgeben, die sich einmischen. Im Mittelpunkt steht der englische Journalist Michael Henderson, der anläßlich einer Reportage über ein Waisenhaus nahe der Front der halbwüchsigen Emira verspricht, sie aus dem Inferno zu retten. Als sich die Möglichkeit ergibt, eine Gruppe von Kindern außer Landes zu bringen, nimmt er Emira mit. Winterbottoms Film verbindet die Spielszenen behutsam mit dokumentarischem Material, meist Fernsehbildern aus jener Zeit, und vermeidet damit den Eindruck, die Spannung des Geschehens durch nachgestellte Szenen noch steigern zu wollen. Ebenso verzichtet er auf eine „kinogemäße“ Zuspitzung der Geschichte, die damit ganz ohne den klassischen Plot auskommt. Der Film gewinnt seine Dramatik vielmehr aus seiner Konzentration auf das alltägliche Grauen, das das Leben der Menschen hier bestimmt.“ (epd-film) Schauburg
Whatever Happended to Baby Jane USA 1962, R: Robert Aldrich, D: Bette Davis, Joan Crawford / Originalfassung mit Untertiteln
„Die lebenslange Feindschaft zweier Schwestern, die, nach einer Karriere im Film- und Showgeschäft seelisch und körperlich zerrüttet, in gegenseitige Abhängigkeit geraten und sich das Leben zur Hölle machen. Greller Psychothriller von Hollywoodroutinier Robert Aldrich effektvoll inszeniert und darstellerisch exaltiert: Paraderollen für die beiden alternden Divas Bette Davis und Joan Crawford.“ (Lexikon des internationalen Films) Kino 46
Wild Man Blues USA 1997, R: Barbara Kopple, D: Woody Allen as himself
Drei Wochen nach dem Kinostart von „Harry außer sich“, in dem Woody Allen sich nach allen Regeln der Kunst selber dekonstruiert, wird er jetzt in diesem Dokumentarfilm wieder liebevoll zusammengesetzt. Regisseurin Barabra Kopple durfte Allen auf einer Europatournee der traditionellen Jazzband, in der er Klarinette spielt, begleiten. Der berüchtigt menschenscheue Künstler ließ die Kamera erstaunlich nahe an sich heran, und so sieht man, daß der reale Allen nichts von Harry an sich hat, aber tatsächlich so dünnhäutig, nervös, scheu und komisch ist wie die von ihm geschaffene Kunstfigur Woody. Wir treffen ihn sogar zusammen mit den Eltern in deren Wohnung in New York, und seine fast 90jährige Mutter beklagt sich trotz der vielen Oscars auf dem Kaminsims darüber, daß er kein Apotheker geworden ist. Hier sieht man zum ersten Mal, wo seine Neurosen wirklich herkommen. (hip) Filmstudio
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