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Das PortraitIntimfeindin eines Provinzfürsten

■ Larissa Judina

Vor ihrem Tod kannte kaum jemand in Rußland die 53jährige Journalistin Larissa Judina. Ihre Ermordung wirft ein schlechtes Licht auf den Zustand der russischen Gesellschaft. Bei der Ausübung ihres Berufs kam die Chefredakteurin der südrussischen Wochenzeitung Sowjetskaja Kalmykia Segodnja unter bisher ungeklärten Umständen ums Leben, als sie sich am 7. Juni dieses Jahres mit einem anonymen Informanten treffen wollte.

Als Chefin der einzigen unabhängigen Publikation der autonomen Provinz Kalmükien gehörte sie seit längerem zum Kreis der Intimfeinde des Präsidenten dieser Region, Kirsan Iljumschinow. Drei der Mitarbeiter des Präsidenten sitzen inzwischen unter dringendem Tatverdacht im Gefängnis. Der junge, smarte und sehr reiche Politgeschäftsmann und Mentor des Schachsports ließ Produktion und Vertrieb der Zeitschrift seit Jahren torpedieren, was formal juristisch mehrfach für illegal erklärt wurde. Doch der Kreml gewährt den peripheren Provinzen und seinen dortigen Statthaltern quasi rechtsfreie Räume, solange sie bei den Präsidentschaftswahlen Pro- Jelzin-Stimmen organisieren und keine Unabhängigkeitswünsche äußern.

Seitdem Iljumschinow unter Drohungen die einzige Druckerei in Kalmükiens Hauptstadt Elista gezwungen hatte, die Produktion von Sowjetskaja Kalmykia abzulehnen, transportierte Larissa Judina die 4.000 wöchentlichen Exemplare in ihrem eigenen Auto von außerhalb nach Elista. Die couragierte Journalistin versuchte immer wieder, die Machenschaften des Präsidenten anzuprangern: Steuerhinterziehung, Veruntreuung von aus Moskau kommenden Geldern, Einweisung von politischen Gegnern in die Psychiatrie in Elista. Für die Behauptung, Kalmükiens Regierung lebe von gestohlenem Geld, wurde Judina zu einer Geldstrafe verurteilt.

Auch politisch war Larissa Judina aktiv. Sie engagierte sich in der russischen Reformpartei „Jabloko“ von Gregor Jawlinski. Dieser erklärte in Moskau, die Ermordung Judinas sei „ein Zeichen, daß die Lösung politischer Probleme mit kriminellen Mitteln in Rußland zur Normalität wird“. Nur die Untersuchung durch Moskauer Beamte, die inzwischen von der Duma angeordnet wurde, wird etwas Licht in das kalmükische Dunkel bringen. Volker Michael

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