: Auf dem Vulkan lebt was
■ In Vegesack wird Großanlage für Saudis verladen / Startschuß für Anlagenzentrum?
Das durchdringende Brummen der Hydraulikmotoren frißt sich in die Gehörgänge und schluckt die kurzen Rufe der Hafenarbeiter, das Prasseln des Sommerregens, das trockene Anschlagen der schenkeldicken Stahlseile auf den knallroten Krallen der Kräne. Ein überdimensioniertes Metallgehäuse von knapp 400 Quadratmetern Grundfläche und acht Metern Höhe hockt auf zwei Tiefladern am Pier 2 auf dem Vulkan-Gelände. Ein Gehäuse mit viel Platz für jede Menge Aluminiumbehälter und Rohre drumherum – aber eigentlich geht es nur um Luft.
Um eine Luftzerlegungs-Großanlage, genauer gesagt: Mit deren Verladung auf die MS „Lena“ wurde gestern auf dem Gelände der einstigen Bremer Traditionswerft begonnen. Die soll in Zukunft aus der heißen „Umgebungsluft“ eines saudi-arabischen Stahlwerks reinen Sauerstoff herausfiltern. Außerdem Stickstoff, Argon und Helion. Und weil man solche Anlagen heute wieder in Deutschland fertige, sagt Frank Ordemann vom Institut für Seeverkehrswirtschaft und Logistik, deshalb wurde jetzt erstmals eine Großanlage auf dem Vegesacker Vulkan-Gelände zusammengebaut.
Für Bremens Wirtschaftsförderungsgesellschaft (WfG) war das Anlaß für eine Erfolgsmeldung: Noch bevor Ende diesen Monats das Nutzungskonzept für das Gelände der ehemaligen Werft vorliege, sei jetzt die Entwicklung eines „Anlagenzentrum Bremer Vulkan“ auf den Weg gebracht. Und auch die Bremer SPD-Fraktion äußerte sich befriedigt: Mit zur Zeit 800 Arbeitsplätzen in 18 Unternehmen würde es auf dem Gelände des einstigen Vulkan jetzt wieder „brummen“. Nun müsse das Entschließungskonzept gebilligt werden.
Auch die nächste Luftzerlegungsanlage sei schon geordert, betonte gestern Jutta Feldner von der WfG – dieses mal aus Mexiko. Wieder wird die Firma Essener Hochdruck-Rohrleitungsbau (EHR) dafür die Großsektionshalle C23 auf dem Vulkan-Gelände anmieten; eine Festvermietung an diese oder andere Firmen aber sei nicht das Ziel, so erklärte gestern Heinrich Tamm, Vulkans einstiger Produktionsleiter, der heute mit seinem Ingenieurbüro die neue Nutzung der Werft organisiert.
Unter dem „Anlagenzentrum“ sei erst einmal nur die befristete Bereitstellung von Infrastruktur – Hallen, Kräne, Fahrzeuge – zu verstehen, betonte er gestern. Doch natürlich sei dabei auch an Arbeitskräfte gedacht, bestätigte Jutta Feldner von der WfG: „Unser Arbeitsamtsdirektor sagt: Leute, die gebraucht werden, bilden wir aus.“ Und außerdem gäbe es ja schon jetzt auf dem Gelände sieben Unternehmen aus dem Stahlbausektor. Über ihre Beteiligung am Anlagengeschäft aber äußerte sich gestern der Produktionsleiter der EHR, Mario Peper, eher zögernd: „Eine schwierige Frage! Wissen Sie, das Schweißen von Aluminium ist eine diffizile Arbeit mit Leuten, die wir uns über Jahre herangezogen haben.“ ritz
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