KolumbianerInnen wählen den Wechsel

Eine hohe Beteiligung an der Präsidentenstichwahl sichert den Sieg des konservativen Bewerbers Andrès Pastrana, der sowohl von der Guerilla als auch von der Wirtschaft des Landes geschätzt wird  ■ Aus Bogotá Ingo Malcher

Der Sieger kommt kaum zu Wort. Immer wieder muß Andrès Pastrana seine Rede im Kongreßzentrum von Bogotá wegen anhaltender Jubelchöre unterbrechen. Sein Sohn steht im Trikot der brasilianischen Fußballnationalmannschaft neben ihm und döst vor sich hin, als hätte er gerade etwas Besseres zu tun, als den Sieg seines Vaters bei den Präsidentschaftswahlen zu feiern. Der konservative Kandidat Andrès Pastrana gewann mit 50,48 Prozent gegen seinen Gegner von der Liberalen Partei, Horacio Serpa, der es auf 46,42 Prozent der Stimmen brachte. Damit haben es die Konservativen nach zwölf Jahren liberaler Regierungen erstmals wieder geschafft, den Präsidenten zu stellen.

Pastrana hat im Wahlkampf vor allem gegen die alte Regierung unter Präsident Ernesto Samper Stimmung gemacht. Die Arbeitslosigkeit ist auf Rekordniveau, die Korruption funktioniert ungeniert wie nie, und zu Friedensverhandlungen mit der Guerilla ist es gar nicht erst gekommen. Pastranas Gegenkandidat Serpa war als Innenminister in Sampers Kabinett seinem Präsidenten stets als Feuerwehrmann zu Diensten.

Der Millionär Pastrana versprach, in seiner Amtsperiode „der Präsident der Armen zu sein“. Ihnen gelte in der Nacht des Wahlsiegs seine Solidarität. Zu seinen Hauptzielen gehört es, Kolumbien den langersehnten Frieden zu bringen und die „Wirtschaft aus ihrer Frustration zu holen“. Damit Kolumbien nach jahrzehntelangem Krieg zwischen Guerilla, Paramilitärs und Armee endlich Frieden fände, erklärt Pastrana, sei er ab sofort „zu Gesprächen bereit“. Seine Regierung wird der Guerilla „die nötigen Garantien geben“.

In einem Brief der Guerilla, der bekannt wurde, als die Wahllokale am Sonntag noch geöffnet waren, machte diese klar, daß sie mit einem Präsidenten Pastrana größere Chancen für einen Friedensvertrag sieht. Zwar „unterstützen wir nicht Pastrana“, schreibt sie, doch sei Serpas Vergangenheit als Innenminister unter Samper, der den Frieden wenig vorangetrieben hat, nicht gerade eine besonders gute Referenz.

Der kolumbianische Unternehmerverband schloß sich der Sympathie der Guerilleros für den konservativen Pastrana an und erklärte, daß Pastrana der Kandidat der Wirtschaft sei. Trotz Friedensangeboten von beiden Seiten kam es am Wahlsonntag zu Auseinandersetzungen zwischen der Guerilla und der Armee. Dabei starben 17 Polizisten und 2 Guerilleros.

Dem neuen Präsidenten Pastrana ist öffentliches Engagement nicht fremd. Schon als kleiner Junge zog er durch die Straßen von Bogotá, um Gelder für die Armen zu sammeln. Damals war sein Vater, Misael Pastrana, Präsident Kolumbiens, der den Sohn für seine Kampagnen einspannte. Der Vater regierte von 1970 bis 1974 das südamerikanische Land.

Der Junior, der nun wenige Monate nach dem Tod des Vaters in dessen Fußstapfen tritt, wurde 1956 in Bogotá geboren und ist vom Beruf Jurist und Journalist. Bekannt wurde er als Nachrichtensprecher im kolumbianschen Fernsehen. Nachdem er 1994 die Wahl gegen Ernesto Samper verloren hatte, gab er sein ihm von den USA zugespieltes Wissen preis, der triumphierende Samper hätte sich seinen Wahlkampf zum Teil von den Drogenkartellen bezahlen lassen. So sprach der schlechte Verlierer Pastrana damals und verließ vorerst die politischen Bühne gen USA. Er kehrte erst in die Heimat zurück, als er seine Kandidatur für die Präsidentschaftswahlen präsentierte. Unterstützung erfuhr Pastrana im Wahlkampf auch vom kolumbianischen Schriftsteller Gabriel Garcia Marquez, der erst wieder nach Kolumbien kommen will, wenn Samper nicht mehr im Amt ist.

Schon kurz nach dem Schluß der Wahllokale begannen in Bogotá die Feiern. AnhängerInnen von Pastrana wie von Serpa gingen feiernd auf die Straße, wedelten mit den Fahnen ihrer Parteien und fuhren in Autos hupend im Kreis herum. Nach Bekanntgabe der Ergebnisse verstummten die Serpa- Fans. Pastranas AnhängerInnen feierten weiter.