: U-Boot Nord-Koreas versinkt im Süden
Süd-Koreas Marine schleppt ein nordkoreanisches U-Boot ab, das sich in einem Fischernetz verfangen hat. Von der Besatzung gibt es kein Zeichen. Seoul will Schadensbegrenzung, Pjöngjang gibt den Zwischenfall zu ■ Von Sven Hansen
Berlin (taz) – Ein nordkoreanisches U-Boot, das südkoreanischen Fischern am Montag nachmittag buchstäblich ins Netz gegangen war, ist gestern vor den Augen südkoreanischer Soldaten im Hafen der südlichen Marinebasis Donghae gesunken. Süd-Koreas Marine hatte zuvor das in ihre Hoheitsgewässer eingedrungene knapp 20 Meter lange U-Boot in ihren Stützpunkt an der Ostküste geschleppt. Dabei sei kurz vor Erreichen der Pier nach Angaben eines Militärsprechers eine Trosse gebrochen und das Schiff gesunken. Es hatte bereits zuvor starke Schlagseite gehabt, was auf Wassereinbruch schließen lasse. Von der Besatzung des Bootes fehlt jedes Lebenszeichen. „Die Chancen sind groß, daß die Besatzung bereits tot ist, aber wir schließen andere Möglichkeiten nicht aus“, sagt der Marinesprecher.
Aus Sicherheitsgründen hatte die südkoreanische Marine das Schiff abgeschleppt, ohne es zu öffnen. Der Kapitän des Fischkutters, der das U-Boot 20 Kilometer vor der Küste bei der Stadt Sokcho südlich der Demilitarisierten Zone entdeckt hatte, berichtete im Fernsehen von drei uniformierten Besatzungsmitgliedern, die vom Deck des U-Bootes aus versucht hätten, das mit der Schraube und dem Periskop im Netz verfangene Schiff zu befreien.
Ein südkoreanischer Fernsehsender berichtete später, das U-Boot habe gestern kurz nach Tagesanbruch mehrfach seine Antenne ausgefahren, offenbar um Kontakt mit Nord-Korea aufzunehmen. Süd-Koreas Militär bestätigte diese Meldungen jedoch nicht. Bei dem Schiff mit bis zu sieben Mann Besatzung soll es sich um ein Spionage-U-Boot handeln, das nach jugoslawischen Plänen in Nord-Korea gebaut worden war. Der Norden soll bis zu 50 dieser Schiffe besitzen.
Aufgrund des Zwischenfalls rief Süd-Koreas Präsident Kim Dae- jung den Nationalen Sicherheitsrat zusammen. Nach Angaben eines Präsidentensprechers wurde der Zwischenfall gestern auch beim Treffen des von den USA geführten UN-Kommandos mit nordkoreanischen Generälen im Waffenstillstandsort Panmunjom angesprochen. Die knapp eineinhalbstündige Zusammenkunft war die erste ihrer Art seit sieben Jahren. Beide Seiten bekräftigten die Bedeutung des Dialogs, machte aber keine näheren Angaben.
Süd-Koreas Regierung bewertete gestern das Eindringen des U-Boots als Provokation und Verstoß gegen das Waffenstillstandsabkommen von 1953, mit dem der Krieg zwischen den beiden verfeindeten Bruderstaaten beendet worden war. Das U-Boot sei eindeutig als nordkoreanisches Schiff der Jugo-Klasse identifiziert, so ein Sprecher.
Nord-Koreas Regierung räumte unterdessen indirekt ein, daß das U-Boot aus Nord-Korea stammt. Die amtliche Nachrichtenagentur KCNA berichtete, es werde ein U-Boot vermißt, das während einer Übungsfahrt havariert sei. Laut KCNA habe sich die Besatzung zuletzt am Samstag aus nordkoreanischen Gewässern gemeldet und von technischen Problemen berichtet. Nord-Korea suche nun nach dem Boot.
Zuletzt war im September 1996 ein nordkoreanisches U-Boot an ähnlicher Stelle in südlichen Gewässern auf Grund gelaufen, was zu starken Spannungen zwischen Seoul und Pjöngjang geführt hatte. Damals kamen 24 der 26 Besatzungsmitglieder und 13 südkoreanische Soldaten ums Leben. Seoul setzte 60.000 Soldaten ein. Ohne den jetzigen Vorfall herunterzuspielen, bemühte sich die südkoreanische Regierung deutlich um Schadensbegrenzung. Man werde mit Geduld auf die kommunistische Führung im Norden einwirken, damit sich ein ähnlicher Zwischenfall nicht wiederhole, so ein Mitarbeiter Kims.
Im Umgang mit dem Norden setzt der Präsident auf Entspannung. Er senkte auch die Hürden für private Kontakte. Dies ermöglichte dem Tycoon Chung Ju-yung vergangene Woche als erstem Zivilisten, ohne offizielle Begleitung über Panmunjom in den Norden zu reisen. Chung brachte dem von einer Hungersnot geplagten Land 500 Rinder. Gestern kehrte er über Panmunjom zurück. Er habe im Norden ein Tourismusprojekt vereinbart, das im Falle seiner Realisierung ab Herbst den Besuch von täglich bis zu tausend Süd-Koreanern im Norden ermögliche.
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