: Risikoverdacht Leukämie
■ AKW-Nähe: Auffällig viele Kinder auf der Veddel und in Kirchdorf erkrankt
Nein, von einer „Entwarnung“ für Hamburg könne keine Rede sein. Das betonte Michael Schümann vom Hamburgischen Krebsregister gestern auch vor dem Gesundheitsausschuß der Bürgerschaft. 143 Kinder und Jugendliche bis zu 14 Jahren sind in der Hansestadt im Zeitraum von 1980 bis 1995 an Leukämie erkrankt.
Damit liege zwar, so der Gutachter, das Erkrankungsrisiko (vier Erkrankungen auf 100.000 Kinder) in Hamburg „nicht höher als im Bundesdurchschnitt“. Auch gebe es hamburgweit „kein räumlich-zeitliches Cluster“ (Häufung). Dennoch habe das Krebsregister, das dem Ausschuß gestern seinen Kinder-Leukämieabschlußbericht übergab, zwei regionale Auffälligkeiten festgestellt, die Anlaß zu „Risikoverdacht“ gäben.
Auf der Veddel im Bezirk Harburg und in Kirchdorf im Bezirk Bergedorf seien „statistisch auffällig“ viele Kinder und Jugendliche an Blutkrebs erkrankt. Die Gutachter untersuchten daraufhin, ob diese Kinder in der Nähe von Industrieanlagen lebten. Ergebnis: Auf der Veddel habe man die räumliche Nähe zur Affi als „deutliches Zusatzrisiko“ ausgemacht. Allerdings, schränkte Schümann ein, gebe es in der Literatur „keine Hinweise“ auf gehäufte Leukämien in der Nähe von Kupferbetrieben.
In Bergedorf dagegen konnten die Gutachter „keine Zusatzbelastung“ durch den Schadstoffausstoß von Industriebetrieben feststellen. Als einziges Verdachtsmoment, folgerte der GAL-Abgeordnete Lutz Jobst, bleibe dann doch wohl das Atomkraftwerk Krümmel, in dessen 15-Kilometer-Umkreis die Fälle aufgetreten sind. „Ja“, bestätigte Schümann. Doch könne seine Studie „keine kausalen Zusammenhänge“ nachweisen. Aufschluß könne möglicherweise die bundesweite Fall-Kontroll-Studie des Mainzer Professors Jörg Michaelis geben, in die die Hamburger Leukämie-Erkrankungen einfließen.
Ein weiteres erhöhtes Risiko sieht Schümann „im Zusammenhang mit Hochspannungsleitungen“, wie es auch in anderen Studien gefunden worden sei. Gesundheitssenatorin Karin Roth (SPD) warnte in diesem Zusammenhang vor „Panik“. Bis zum Herbst sollen weitere Einzelfallanalysen über die Leukämieerkrankungen vorliegen. Das Krebsregister regt außerdem ein umweltmedizinisches Beratungsprogramm an. hh
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