: Flottbek nicht nur für Deutsche
Im Pavillondorf am Hemmingstedter Weg werden künftig auch Flüchtlinge untergebracht – trotz aufgebrachter AnwohnerInnen ■ Von Elke Spanner
Der Kompromiß ist da: Im Pavillondorf am Hemmingstedter Weg in Groß Flottbek werden ab sofort auch Flüchtlinge wohnen. Die Bezirksversammlung Altona beschloß gestern abend, die bislang ausschließlich von deutschstämmigen AussiedlerInnen bewohnte Unterkunft gemischt zu belegen. Allerdings muß der Träger „pflegen & wohnen“ die BewohnerInnenzahl insgesamt auf maximal 380 Personen reduzieren und durch einen Nachbarschaftsbeirat das Gespräch mit den Anwohnern suchen. Außerdem ist die Verteilung der Zuwanderer so zu steuern, daß zumindest ein „deutlicher Anteil“ der BewohnerInnen Aussiedler bleiben.
Die AnwohnerInnen des Hem-mingstedter Weges tobten auf den vollbesetzten Zuschauerrängen vor Wut. Während sie noch auf gefällige oder mißliebige Stichworte warteten, hatten SPD und GAL den Kompromiß längst hinter den Kulissen ausgehandelt. Die SPD übte sich denn auch in Beschwichtigung. Ein Abgeordneter erklärte etwa: „Es ist deutlich geworden, daß es bei Ihren Bedenken gegen die Flüchtlinge nicht um Ausländerfeindlichkeit geht.“ Die Groß Flottbeker dankten es ihm mit Applaus.
Zwar waren bei Debatten zum Thema in den vergangenen Wochen immer wieder Sprüche gefallen wie: „Mit Asylanten kommen Drogen und Prostitution.“ Und die AnwohnerInnen hatten sich in einer Initiative, dem „Bürgerbegehren Groß Flottbek“, gegen die Flüchtlinge organisiert. Dennoch bedankte sich die SPD ausdrücklich für die „gute Nachbarschaft der vergangenen Jahre“ und das „freiwillige Engagement der Bürger“, ohne das das bisherige „problemlose Zusammenleben“ nicht möglich gewesen wäre.
Das allerdings ging der kompromißbereiten GAL zu weit. Sie stimmte zwar mit der SPD – aber erst, nachdem die Dankesworte aus dem Antrag wieder entfernt worden waren. Selbstredend, daß der vorherige Applaus in gekränktes Gejohle umschlug.
In den vergangenen Tagen hatte sich abgezeichnet, daß zum Kardinalpunkt der Entscheidung die Willensbekundung der SPD werden würde, zumindest überwiegend Aussiedler am Hemmingstedter Weg unterzubringen. So hatte die Fraktion es auch in ihrem ersten Antrag formuliert. Erst unmittelbar vor der gestrigen Abstimmung verständigten sich GAL und SPD auf die alternative Formulierung, daß ein „deutlicher Anteil“ von Aussiedlern im Pavillondorf leben soll. GAL-Fraktionschef Olaf Wuttke: „Sonst fühlen sich die Anwohner getäuscht, wenn infolge der Zuwanderung doch mehr Flüchtlinge als Aussiedler untergebracht werden müssen.“ Die SPD-Sozialsenatorin Karin Roth hatte jüngst gemahnt: „Es ist falsch, Aussiedler gegen Flüchtlinge auszuspielen.“
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen