■ Mit Critical Mass auf du und du: Spaß am Stau
Berlin (taz) – Vom Straßenrand sah es aus wie ein großer Freundeskreis beim Fahrradausflug. Vom teuren Mountainbike bis zum selbstgeschraubten Ersatzteillager war alles vertreten. Nur die Polizeieskorte, die die RadlerInnen auf ihrer Route durch die Berliner Innenstadt begleitete, paßte nicht so recht ins Bild. „Wir alle“, war die vielstimmige Antwort der Teilnehmenden auf die Frage nach einem Verantwortlichen. Was deutsche OrdnungshüterInnen und AutofahrerInnen am letzten Freitag im Monat jetzt häufiger zum Stöhnen bringen dürfte, nennt sich „Critical Mass“ und ist ein US-Export.
Mitten in der Rush-hour treffen sich an einem Verkehrsknotenpunkt RadfahrerInnen und SkaterInnen, um gemeinsam durch die Stadt zu fahren. Die Route wird vor der Fahrt abgesprochen und auf der Tour auch mal spontan verändert.
Die Idee von Critical Mass stammt aus San Francisco. Die erste Aktion 1992 fand in Kanada, Dänemark, Australien, Großbritannien, der Schweiz und den Niederlanden NachahmerInnen und erreichte schließlich auch die BRD. Die Premiere an einem düsteren Oktobernachmittag 1997 fiel mager aus. Kaum ein Dutzend RadlerInnen hatte sich eingefunden.
Doch der zweite Anlauf am 29. Mai brachte in Berlin über 200 Menschen in die Pedale. Neben Spaß soll auf der Tour auch eine politische Message verbreitet werden. „Wir sind nichts anderes als der tägliche Stau – nur vielleicht besser als die Autokolonnen“, heißt es. Critical Mass wendet sich gegen den motorisierten Individualverkehr. Die zum Warten gezwungenen Pkw-BenutzerInnen werden in Flugblättern mit Vorstellungen einer autofreien Stadt, in der die Straßen wieder zum öffentlichen Raum werden sollen, konfrontiert. Peter Nowak
Infos: http:/ www.VLM.NET./ CM-Berlin
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