piwik no script img

CSD blieb fröhlich und artig

■ Schwule und Lesben zogen erstmals auch durch die Oldenburger City

Oldenburg. Und Liebe ist doch artig. Klar, so manch schrille Tunte, so manch fetziges Transi war am Wochenende auf der Oldenburger CSD-Parade zu sehen. Doch daß „Liebe anders, nicht artig“ ist, wie das selbsterwählte Motto der nordwestdeutschen Lesben und Schwulen selbstbewußt verkündete, flackerte an ihrem Feiertag nur zuweilen auf: Zum Beispiel, als die Parade auf ihrem Weg vom Bahnhof zum Hafengelände durch die Fußgängerzone zog und es den rund 4.000 Homos allein durch ihre Präsenz und ihre Fummel gelang, Kleinfamilien und Rentnerpärchen zu erschrecken. Oder am Wagen des „Na Und“ Vereins, der Liebe als „anders, nicht antik“ interpretierte und für eine „neue Politik“ in Deutschland plädierte.

Ansonsten aber war auch in Oldenburg zu spüren, was die großen CSD-Events schon länger prägt: Die Demo wird zur Love-Parade, Politik weicht der großen Party. Eine Party, die mittags mit dem hüpfenden, tanzenden, fröhlichen lesbisch-schwulen Parade-Wust begann und am frühen Sonntagmorgen mit der Abschlußfete im Alhambra endete. Gleich zwei Premieren hatte der Trägerverein des CSD, der „Lesben- und Schwulentag (LuST e.V.)“ in diesem Jahr gewagt: Zum ersten Mal ging die Parade quer durch die City, nachdem sie in den Vorjahren drum herum gezogen war.

Mehr als hundert Homos hatten sich im Vorfeld dazu bereiterklären müssen, den Korso als ehrenamtliche OrdnerInnen zu begleiten. Zudem hatte der LuST-Verein auf den bisherigen Veranstaltungsort der CSD-Fete, den Schloßplatz, wegen eines Beach-Volleyballturniers verzichtet und auf das Hafengelände ausweichen müssen. Der Preis, den die Szene dafür zahlte: Der Umsatz aus dem Getränkeverkauf floß in die Kassen der dort ansässigen Hetero-Gastronomie, die schwulen Wirte gingen auf der Pride'n'Fun-Party leer aus. Dennoch: Die Premieren gelangen. Alles lief wie am Schnürchen; der CSD Nordwest wächst und festigt sich, seitdem er nach dem großen Knall in der Bremer Szene nach Oldenburg verlegt wurde. Mit der Parade hat der CSD Nordwest in diesem Jahr zwar seinen Höhepunkt erreicht – beendet ist er aber noch nicht.

Das Casablanca-Programmkino (Oldenburg) und das Kino 46 (Bremen) zeigen noch bis Mitte Juli schwul-lesbische Filmreihen. Am 2. Juli liest die lesbische Autorin Karen-Susan Fessel in Oldenburg, am 4. Juli, lädt die Oldenburgische Aids-Hilfe Schwule zur „Totally-Tight-Party“ mit Lesung des Pornostars Wolff ein, am 19. Juli sind „Homosexuelle unterm Hakenkreuz“ Thema eines Vortrags von Burkhard Jellonek im Oldenburger Kulturzentrum PFL.

Jens Breder

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen