■ Mit holländischer Finanzpolitik auf du und du: Zahlen müssen alle
Amsterdam (taz) – Im Gegensatz zur vergangenen Legislaturperiode verspricht die kommende in den Niederlanden finanzpolitisch zu einem gemächlichen Spaziergang zu werden: Statt 18 Milliarden Gulden (etwa 16 Milliarden Mark) sollen in vier Jahren nur 7,5 Milliarden eingespart werden, jeweils eine bei den Ausgaben für die Europäische Union und bei der Arbeitslosen- und Sozialhilfe.
Dabei soll das immer noch 880.000 Menschen starke Heer der Arbeitsunfähigen, von denen ein Drittel wegen „psychischer Probleme“, ein weiteres wegen Rücken- und Wirbelsäulenschäden nicht arbeitet, verkleinert werden.
Auch der Verteidigungs- und der Entwicklungshilfeetat bekommen weniger Geld. Von den 9,5 Milliarden Gulden, die zusätzlich eingeplant sind, profitieren vor allem die Bereiche Gesundheit, Bildung, Kinderbetreuung, Innere Sicherheit und Arbeitsförderung.
Acht Wochen lang hatten die Koalitionspartner Partei der Arbeit (PvdA), Vereinigung für Freiheit und Demokratie (VVD) und Demokraten 66 (D66) gestritten. Die PvdA, die stärkste Partei, wollte mehr Geld ausgeben, um der zweiten sozialliberalen Kabinettsperiode ein sozialeres, aber auch ein umweltfreundlicheres Gesicht zu geben. Argument: Bei einem vorsichtig geschätzten Wirtschaftswachstum von 2 Prozent (1997: 3,3 Prozent), den zu erwartenden Steuermehreinnahmen und Einsparungen bleibe ein Finanzpolster von insgesamt 16 Milliarden Gulden. Durchgesetzt hat sich jedoch die VVD, die die Mehreinnahmen zur Bekämpfung der Staatsverschuldung sowie zur Steuersenkung einsetzen wollte.
Schneller einigen konnte man sich auf eine weitere Steuerreform, bei der Einkommens- und Lohnsteuer gesenkt werden. Vor allem niedrig bezahlte Jobs – das Lohnniveau liegt 20 Prozent unter dem deutschen, etwa ein Drittel der Niederländer arbeitet in Teilzeit – sollen sich für Arbeitgeber wie Arbeitnehmer mehr lohnen. Auch der Spitzensteuersatz wird von 60 auf 52 Prozent gesenkt. Bereits heute machen Lohn- und Einkommensteuer nur noch 47 Prozent des Gesamtsteueraufkommens aus, 1980 waren es noch 58 Prozent.
Finanziert werden soll das Ganze durch die Abschaffung von Abschreibungsmöglichkeiten und Steuerfreibeträgen. Vermögens- und Kapitalsteuer werden erhöht. Die Mehrwertsteuer steigt von 17,5 auf 19 Prozent. Strittig ist noch, ob die Energiesteuern auf Strom und Gas verdoppelt werden. Jeannette Goddar
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