■ QUERBILD: Crimson Tide
Wollte man Gene Hackmans Ausstrahlung auf ein einziges Attribut zusammenschnuren, so hieße dies Härte. Kein anderer Star im Hollywoodkino dieser Tage wirkt über eine eher wenig auffällige Fassade auf so durchdringende Weise wie Hackman hart und bedrohlich-kompromißlos. Seit über zwanzig Jahren spielt er immer wieder Individualisten, die sich bulldoggenhaft in etwas verbeißen können, um erst dann wieder loszulassen, wenn der Gegner totgeschüttelt ist oder aufgegeben hat. Neben einer gedrungen-kompakten Physiognomie ist es vor allem das stoische Mienenspiel, die seine brutal wirkende Entschlossenheit ausmacht. Gesicht und Körperhaltung strahlen eine angespannte Sicherheit aus, eine verunsichernde Ruhe, die jederzeit in stirnaderschwellende Cholerik umschlagen könnte. Damit scheint Hackman wie für die Kamera gemacht, seine innere Spannung braucht kaum Bewegung, um sich auf Film und Publikum zu übertragen.
In Crimson Tide ist Gene Hackman dann auch eigentlich in seinem Element. Er gibt den halsstarrigen Marine-Kommandanten eines mit Atomraketen bestückten U-Bootes, wild entschlossen, nach einem zweifelhaften Funkspruch den 3. Weltkrieg auszulösen. Sein Gegenstück an Bord spielt Denzel Washington, der als junger, kritisch denkender 1. Offizier den Generationswechsel im aufrechten Soldatentum personifiziert: „Die Navy will sie kompliziert“, faßt Hackman alias Capt. Ramsey den Konflikt der Gnerationen zusammen, „mich wollte sie simpel.“
Interessanterweise erscheint jedoch gerade Denzel Washington als moralisch unbescholtener Ron Hunter um einiges simpler als Hackmans Ramsey, bei dem eben jene „komplizierte“ Persönlichkeit stets fühlbar bleibt. Doch bevor sich die Gegensätzlichkeit der beiden , und das heißt vor allem Gene Hackman wirklich ausspielen darf, kommt der Rahmen, die atomare Bedrohung, aufs Tapet. Nicht mehr dem Zusammenspiel von Hackman und Washington überläßt Regisseur Tony Scott letztlich die spannungstragende Verantwortung, sondern dem klassischen Kampf des Helden gegen Widerstand und Zeit, der schließlich in eine Ode auf das wahre Heldentum denkender Soldaten münden darf.
Jan Distelmeyer
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