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Schwerer Schlag

■ Falsche Sparmaßnahme: Dem Archiv des Metropolis-Kinos droht das Aus

Als die Hamburger Kulturbehörde vor gut zehn Tagen ihren Etatansatz für das Jahr 1996 vorstellte, stand auf dieser Seite: „Die kulturpolitische Nachricht des Tages ist eigentlich eine Nullmeldung: Alles bleibt, wie es ist“ (taz hamburg vom 1. Juli 1995). Dieses Fazit könnte sich jetzt als vorschnell erweisen. Denn dem Archiv der Kinemathek Hamburg e.V., der Betreiberin des Kommunalen Kinos Metropolis, droht das Aus. Der Chef des Archivs, Heiner Roß, ist für kommenden Mittwoch in die Kulturbehörde geladen. Dort wird er mit Kultursenatorin Christina Weiss über den Fortbestand des Archivs diskutieren. Wie deren Sprecher Ingo Mix der taz bestätigte, sei zwar noch kein endgültiger Beschluß über die Weiterförderung gefallen, aber „das Archiv des Metropolis steht zur Disposition“. Dabei geht es um eine Fördersumme von 100.000 Mark.

Sollte der Diskussionstermin zuungunsten des Archivs ausfallen, wäre das ein schwerer Schlag längst nicht nur für Hamburgs Film- und Kinolandschaft. Die Arbeit einer der bedeutendsten Filmsammlungen der Bundesrepublik würde abgewürgt – um verhältnismäßig wenig Geld zu sparen. Neukäufe wären dann überhaupt nicht mehr möglich. In den Räumen des Archivs lagern an die 3000 Filmkopien, darunter eine Unmenge kaum zu beschaffender Raritäten. Mit anderen Sammlungen – wie etwa dem Münchner Filmmuseum oder der Freunde deutscher Kinemathek in Berlin – besteht ein reger Austausch. Die Gesamtheit der deutschen Cineasten wäre betroffen: Ohne die Hamburger Sammlung wäre etwa die großangelegte Buster-Keaton-Retrospektive auf der diesjährigen Berlinale nicht zustande gekommen.

Zudem träfe die Sparmaßnahme das Archiv in einer ungünstigen Phase. Eine Vielzahl von Verhandlungen um den Ankauf von Filmkopien stehen vor dem Abschluß. Die müßte Heiner Roß sofort abbrechen, um sein Restgeld für die Bestandssicherung zu verwenden. Was mit den avisierten Schenkungen von Kopien würde, weiß der Filmexperte nicht. „Und in zehn Jahren gibt es bei vielen Filmen die Möglichkeit, sie zu bekommen, nicht mehr“, so Heiner Roß. Dann sind die historischen Kopien entweder zerstört oder in alle Winde zerstreut. Dirk Knipphals

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