: Franks wild Hours
■ Blohm und Voss hören im Moments, wie Frank Sinatra posthum imitiert wird
Franky ist tot, es lebe Frank Sinatra. Dies sagte sich der Sänger und Gitarrist Peter Apel und spielte mit seiner Band „Who's Uncle Mo“ in seinem Stammclub Moments zu einem Tribute-Konzert auf. Trotz oder gerade wegen des WM-Halbfinales durften die Herren Blohm und Voss nicht fehlen.
Voss: Sind wir wenigstens auf der Gästeliste?
Blohm: Es gibt keine Gästeliste ...
Voss: Heißt das, wir müssen ... bezahlen?
Blohm: Unterbrächen Sie mich nicht ständig, könnte ich Ihnen erzählen, daß am Mittwoch abend im Moments immer freier Eintritt ist.
Voss: Ich höre schon die sonore Stimme Sinatras.
Blohm: Ach, der Gute, Friede seiner Asche. Ich muß gerade daran denken, wie er seinerzeit im Wiener Kongress-Zentrum ...
Voss: Nun werden Sie mir nicht sentimental, das muß ja schon eine Ewigkeit her sein.
Blohm: Ja, und er war schon damals ein Vierteljahrhundert älter als ich. Kaum gerade stehen konnte er, aber vom Whisky hat er keinen Tropfen verschüttet.
Die Band spielt „I Get My Kicks Out Of You“.
Voss: Daß da einer wie der Sinatra singt, Alkohol oder Kokain würden ihm nichts geben, das grenzt schon an Unverschämtheit.
Blohm: Nein, eben das ist wahre Größe. Die hohe Kunst der Interpretation besteht gerade darin, die mageren Inhalte dahergelaufener Standards mit Leben zu erfüllen. Sinatra hatte die „Wahrheit über die Dinge in seiner Stimme“.
Voss: Das meinen Sie nicht im Ernst!
Blohm: Nein, das hat Bob Dylan gesagt.
Die Band spielt „The Lady Is A Tramp“.
Blohm: Haben Sie gehört, was der Bandleader gesagt hat? Die Veranstaltung sei von Jack Daniel's gesponsort, und der Whisky sei günstig an der Theke zu erstehen.
Voss: Und dann meinte er noch, es gäbe auch Jack Daniel's-Zigarren.
Blohm: Ich finde, wir sollten das einmal ausprobieren. Ich werde uns eine Lage bestellen, und Sie können sich derweil setzen.
Die Band spielt „Night And Day“.
Voss: Ich muß sagen, daß mir der Abend außerordentlich gut gefällt. Eine Bar, eine gute Band, ein kühles Getränk und etwas zu rauchen, und das bei freiem Eintritt.
Blohm: Naja, bei solchen Getränkepreisen haben wir den Eintritt schnell wieder raus. Der „besonders günstige“ Whisky kostete immerhin fast zehn Mark pro Glas.
Voss: Das man aber auch immer wieder an seine materielle Beschränktheit erinnert wird!
Blohm: Sie sagen es! Aber was bleibt uns, als die Reproduktionsmöglichkeiten zu nutzen, die uns zur Verfügung stehen?! (Er hebt das Glas)
Voss: Wenn ich Sie recht verstehe, dann wollen Sie gerade auch nichts anderes, als der Realität für ein paar Stunden zu entfliehen.
Blohm: Wenn Sie unter Realität das Halbfinale der Fußballweltmeisterschaft verstehen: Ja. Bedienung! Ich hätte gerne noch einen Whisky. (Zu sich) Sonst wird das ja wieder nichts mit der Realitätsflucht.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen