: Starker Mann gesellt sich gern
■ Vom Wachtmeister zum Polizeipräsidenten in Hamburg: Für einen Herrn namens Semerak wurde gestern ein Traum wahr Von Sven-Michael Veit
Erst wurde die Geduld Hamburger Medienmenschen auf die Probe gestellt, und dann gab's noch nicht einmal eine Belohnung. Nur einen neuen Polizeipräsidenten, präsentiert in Hartmuths Schwafelstunde.
Tatort Innenbehörde, gestern, 16.35 Uhr: Mit mehr als halbstündiger Verspätung erscheint Innensenator Hartmuth Wrocklage am Einsatzort Sitzungssaal, im Schlepptau hat er „den Mann meines Vertrauens“, wie er später sagen wird. Ein „starker Mann“ sei er, wie er sie gerne um sich habe, denn er habe „immer nur starke Männer zu mir geholt“, weil er selbst auch einer sei. Hamburgs Polizisten, so verkündet der Senator, hätten einen neuen Chef, nämlich Arved F. Semerak, und der habe einen guten Ruf und darüber hinaus aufgrund seiner vielfältigen Karriere eine „erhebliche Verwendungsbreite“. Ab 1. September soll Semerak eben diese an der Elbe unter Beweis stellen. Als „Garant“, wie der Senator es formuliert, „für den notwendigen offenen Prozeß in der Polizei auf allen Ebenen“.
Das wolle er gerne tun, versichert Semerak, und dies umso lieber, als er seinen Job „von der Pike auf gelernt“ habe. Schließlich habe er „alles schon selbst mal gemacht“: Streifenpolizist und Rechtsanwalt in München, Personalchef beim Bundesgrenzschutz, Rechtsdozent an der Polizeiführungsakademie in Hiltrup, Chef der thüringischen Landespolizei – er sei stolz, so fügt der Mann hinzu, „es vom Wachtmeister zum Polizeipräsidenten gebracht zu haben“. Kein Zweifel: So versonnen, wie er bei diesen Worten lächelt, ist er von sich selbst beeindruckt.
Hamburgs Journaille weniger. Was er von der Polizei dieser Stadt halte? Gute Leute, sagt Semerak. Er habe selbst bei Einsätzen mit Hamburger Hundertschaften zu tun gehabt und sei „immer sehr zufrieden mit ihnen“ gewesen, weil sie „sehr strapazierfähig“ seien.
Was seine Hauptaufgabe sei? „Bindeglied zwischen Polizei und Politik“ wolle er sein, sagt Semerak, und die Polizei mehr „in die Gesellschaft integrieren“. Sicherheitspartnerschaften könne er sich vorstellen, mit Sportvereinen zum Beispiel, um der Jugendkriminalität zu begegnen.
Ob er schon mal was vom Hamburger Polizeiskandal gehört habe? Ja, sagt Semerak, „ein paar schwarze Schafe gibt es überall“, aber das seien Einzelfälle; „manche“, fügt er hinzu, „sind eben nicht so sensibel“.
Wie er den „unseligen Corpsgeist“ aufbrechen wolle, der Ex-Innensenator Werner Hackmann im September in den Rücktritt trieb? Es gibt, sagt Semerak, keinen Corpsgeist, schon keinen „unseligen“, sehr wohl aber eine durchaus erforderliche „Solidarität innerhalb einer Gefahrengemeinschaft“.
Jaja, ergänzt der Senator, ein Zuckerschlecken werde das bestimmt nicht, dazu seien in Hamburg „zu schwere Aufgaben zu leisten“. Wohl wahr.
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