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„Eine Spielwiese für Monarchisten“

■ Heute wird in Reinbek Bismarcks 100. Todestag gefeiert. Stiftung provoziert Protest

„Da werden Steuermittel für einen völlig überflüssigen Stiftungszweck ausgegeben“, merkte die Bundestagsabgeordnete der SPD, Uta Titze-Stecher schon 1997 an, als die Otto-von-Bismarck-Stiftung ins Leben gerufen wurde. „Leben und Werk des Antidemokraten sind vollständig erforscht“, meint Titze-Stecher, „als Vorbild sollte er nicht dienen.“ Zugleich warf die Abgeordnete der Bundesregierung vor, mit dieser Stiftung „eine Spielwiese für Rechtsextreme und Monarchisten mit Geldern des Bundes“ auszustatten.

Heute wird die neue Bundesstiftung parallel zu den Feierlichkeiten zum 100. Todestag des Reichsgründers in Reinbek offiziell eröffnet. „Gegen 17.00 Uhr“, so eine Mitarbeiterin von Titze-Stecher, „kann ein ausgewähltes Publikum im Sachsenwaldforum den Worten von Gerhard Stoltenberg, Manfred Kanther und Henry Kissinger lauschen.“ Nicht mitlauschen wird anscheinend der Innenausschuß des Bundestages, in dessen Ressort die Stiftung fällt. „Eine offizielle Einladung“, versichert der Ausschußvorsitzende Willfried Penner (SPD), „ist mir nicht unter die Augen gekommen.“

Im Juni 1997 hatte die Bonner Koalition dem Gesetz zur Umwandlung der unselbständigen Otto-von-Bismarck-Stiftung in eine des öffentlichen Rechts zugestimmt. Zugleich wurde beschlossen, ihr jährlich eine Million Mark aus dem Bundesetat zur Verfügung zu stellen. Schon 1994 hatte der Bund für eine halbe Million Mark den Bahnhof in Friedrichsruh gekauft, wo die Stiftung ihren repräsentativen Sitz erhalten soll, und zugleich 7,5 Millionen für die Instandsetzung der Gruft des „Eisernen Kanzlers“ bereitgestellt. Die Nachfahren von Bismarcks beteiligen sich an den Kosten nicht, sie leihen der Stiftung die Bismarck-Memorabilia, inklusive Bibliothek und Archiv.

Bedenklich: Das heutige Familienoberhaupt, Fürst Ferdinand von Bismarck, ist nicht nur Vorstandsmitglied der Stiftung, sondern auch Schirmherr des „Bismarckbundes e.V.“. Der 1981 gegründete Bund vereint Rechtsextremisten und Revanchisten. Stellvertretender Vorsitzender war bis zu seinem Tod Hugo Wellems, ehemaliger Referent im NS-„Ministerium für Volksaufklärung und Propaganda“. Ihm folgte Emil Schlee, einst Europaabgeordneter der Republikaner. Als Auszeichnung für erbrachte Taten überreichte Fürst Ferdinand Bismarck-Medaillen unter anderem an Axel Zehnsdorf, der bis zu den Verboten bei der Wiking-Jugend und der Freiheitlichen Deutschen Arbeiterpartei (FAP) organisiert war.

„Der Bismarck-Bund hat nichts mit der Stiftung zu tun“, beschwichtigt Stiftungsgeschäftsführer Michael Epkenhans, „dies würde ich nicht zulassen.“ Schlee hingegen betont, sein Bismarckbund sei zwar nicht an die Stiftung gekoppelt, „aber wenn die offizielle Stiftung eingeweiht ist, werden wir uns natürlich enger anschließen und kooperieren“.

Rund 300 Gäste werden zur heutigen Eröffnung erwartet. AntifaschistInnen haben Protestaktionen angekündigt. Andreas Speit

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