Vom Terroristenjäger zum Friedenskämpfer

Die kolumbianischen TeilnehmerInnen am Mainzer Friedensforum würdigen den Privatagenten Mauss  ■ Aus Mainz Gerhard Dilger

Am Samstag stellten sich Werner und Ida Mauss zum ersten Mal freiwillig einer Pressekonferenz – im Mainzer Hilton, wo über dreißig kolumbianische JournalistInnen dem Beginn der Gespräche zwischen dem „Heer zur nationalen Befreiung“ (ELN) und Gewerkschaftern, Unternehmern, Politikern, Juristen, BasisaktivistInnen und Kirchenleuten entgegenfieberten.

Ganz entspannt erzählten sie von ihrem Kolumbien-Engagement seit 1984 – bereits damals hätten sie erkannt, daß es nicht darum gehen könne, Terroristen zu bekämpfen, sondern die Armut. 1996, nachdem sie 20 ELN-Vertreter monatelang durch Deutschland begleitet hatten, kam es im Bonner Kanzleramt zu Vorgesprächen für Verhandlungen zwischen der ELN und Kolumbiens Regierung. Sie platzten im November, als Werner und Ida Mauss nach der Befreiung einer deutschen Geisel in Medellin festgenommen wurden.

Nach neunmonatiger Haft wurden sie freigelassen, mußten aber – bis zur Einstellung der Untersuchungen im Mai dieses Jahres – im Land bleiben. Dort nahmen sie den Kontakt zur ELN wieder auf und erreichten zugleich, daß die deutsche Bischofskonferenz die Schirmherrschaft über das jetzige Treffen übernahm.

Alfredo Molano, Friedensberater der noch amtierenden Regierung Samper, bestätigte, daß die Mauss-Initiative – allerdings als eine von mehreren – zur jetzigen Gesprächsrunde geführt habe. „Was Mauss früher gemacht oder nicht gemacht hat, interessiert uns weniger. Fakt ist, daß er jetzt eine hundertprozentig positive Rolle spielt“, so ein anderer Teilnehmer.

Neu ist, daß nun nicht von vornherein Regierung und Guerilla aufeinanderprallen. Die vorgeschaltete Einbindung der „Zivilgesellschaft“, wie von der ELN gewünscht, wird zu einem zunächst unverbindlichen Meinungsaustausch führen. Der Druck, konkrete Ergebnisse vorweisen zu müssen, entfällt in dieser Phase.

Erwarten könne man, darin sind sich die Teilnehmer einig, lediglich Goodwillmaßnahmen, aber kein rasches Ende des Konflikts, an dem neben der ELN die mächtigeren FARC (Revolutionäre Streitkräfte Kolumbiens), Armee und Paramilitärs beteiligt sind. „Präsident Pastrana muß letztlich die Führung des Friedensprozesses übernehmen“, meinte der Unternehmer Sabas Pretelt. Unisono auch die Forderung, gesellschaftlichen Reichtum umzuverteilen, um dauerhaften Frieden zu erreichen. Für Gewerkschaftsführer Luis Eduardo Garzón willkommener Anlaß, die „neoliberalen Schockmaßnahmen“ zu kritisieren, die Pastrana angekündigt habe.

Milton Hernández, internationaler Sprecher der ELN, schloß gegenüber der taz definitiv aus, daß die Rebellen auch langfristig einer Entwaffnung zustimmen würden. Auch direkte Gespräche mit den paramilitärischen Gruppen lehnte er ab. Und: „Die Anschläge auf die Pipelines sind die Antwort auf die Ausbeutung unserer Reichtümer durch die Multis. Solange sich daran nichts ändert, behalten wir uns militärische Maßnahmen vor.“

Gestern nachmittag fuhren die TeilnehmerInnen des Friedensforums in ein Kloster, zwei Stunden von Mainz, um dort bis Mittwoch in Klausur zu tagen. Erster Tagesordnungspunkt: gemeinsames Anschauen des WM-Endspiels.