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Herzog sagt ja und nein zugleich

Beim Auftakt zum Staatsbesuch des Bundespräsidenten in Belgien interessierte nur eine Frage: Will Roman Herzog entgegen seiner Versprechen eine zweite Amtszeit?  ■ Von Patrik Schwarz

Berlin (taz) – Als „Juwel europäischer Kultur“ pries Roman Herzog gestern nachmittag die belgische Hauptstadt Brüssel – doch der Präsident warf Perlen vor die Säue. Das Interesse der mitreisenden Journalisten galt nicht der sprachlichen und kulturellen Vielfalt des Königreichs, „vor der wir uns bewundernd verneigen“, wie Herzog kunstvoll gedrechselt formulierte. Die Presse wartete auf gröbere Schnitzer.

Übers Wochenende hatte das Bundespräsidialamt lanciert, der erste Mann im Staate sei – womöglich und unter Umständen – für eine zweite Amtszeit zu haben. Seitdem war das umfangreiche Programm des dreitägigen Staatsbesuchs in den Augen der Presse auf einen Punkt zusammengeschnurrt: den Moment, da der Präsident sich erklären würde.

Während Roman Herzog und Ehefrau Christiane im Brüsseler Palais Royal mit König Albert II. und Königin Paola plauschten, wurde im Bonner Bundespräsidialamt das Medienecho vom Wochenende ausgewertet. Kritiker rügten vor allem, Herzog solle vor den Wahlkampfkarren der Koalition gespannt werden. Typisch für viele Regionalzeitungen schrieb die Mainzer Allgemeine Zeitung: „Herzog sollte diesem unwürdigen Spielchen rasch ein Ende bereiten und seinerseits erklären, was er will und was nicht.“

Als schließlich am frühen Montag nachmittag der Präsident sein Schweigen brach, näherte er sich der verlangten Klarheit bestenfalls in Schlangenlinien an. Roman Herzog: „Ich strebe keine zweite Amtszeit an. Das ist die reine Wahrheit, ich will sie nicht.“ Bedeutet das den Verzicht auf eine erneute Kandidatur? Offenbar nicht. „Es gibt mögliche Situationen, in denen ich mich nicht entziehen kann“, sagte Herzog unter Hinweis auf die Bundestagswahl. „Und dann werde ich mich auch nicht verweigern.“ Ein Fragesteller setzt nach: Ob es reiche, nach der Bundestagswahl gebeten zu werden, ein zweites Mal zu kandidieren? O-Ton Herzog: „Nett bitten allein reicht nicht.“ Im übrigen werde er sich „nach dieser Minute bis zum Herbst auch nicht mehr zu dieser Frage äußern“. Der Bundespräsident: „Ich bin jetzt ziemlich ärgerlich auf alle, die hier mitdiskutieren.“ Offen blieb, ob er damit auch sich selbst gemeint hat.

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