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Aus für Holter Feld und Huckelriede

■ Bildungsbehörde macht ernst: Zwei Schulzentren werden geschlossen / Schüler kündigen Proteste an / Holter Feld soll an Mercedes verkauft werden, aber Vertrag steht noch nicht

Die Bremer Bildungsbehörde macht die Schulzentren Huckelriede und Holter Feld dicht. Was schon seit Monaten diskutiert wird und für Proteststürme unter Schülern, Lehrern und Eltern gesorgt hatte, sollen die Bildungsdeputierten kurz vor den Sommerferien beschließen. „Die beiden Standorte sind auch unter Einbeziehung von Entwicklungen in einem längeren Planungszeitraum verzichtbar“, heißt es in der Vorlage für die Sitzung am Donnerstag.

Beide Schulen mit ihren beruflichen Bildungsgängen und ihren gymnasialen Oberstufe sind Opfer übergeordneter Überlegungen der Bildungsbeamten. Denn in Bremens Schulen stehen teure Räume leer. Auch die Tatsache, daß bis 2010 ein Anstieg der Schülerzahlen erwartet wird, verbiete eine Schließung von Schulstandorten nicht, so die Raumplaner. Außerdem kann Bildungssenatorin Bringfriede Kahrs (SPD) ihr Haushaltsloch von mindestens 25 Millionen Mark bis 1999 nicht ohne Erlöse aus Schulverkäufen schließen. Kahrs' Sprecher Rainer Gausepohl betont jedoch, daß kein Schüler seine Schule vorzeitig verlassen müsse. Die letzten Jahrgänge, die nach den Ferien aufgenommen würden, könnten bis zum Abitur bleiben.

Das Holter Feld, wo täglich rund 150 Lehrkräfte und 900 Schüler ein- und ausgehen, wird geräumt, um das Grundstück dem benachbarten Gelände des Mercedes-Werks als Erweiterungsfläche zuschlagen zu können. Zwar gibt es noch keinen Kaufvertrag. Aber die Entscheidung, daß Daimler das Holter Feld kaufen werde, ist gefallen, sagt die SPD-Abgeordnete Ulrike Hövelmann. Damit sich die Sache für die Stadt finanziell lohnt, muß der Preis erheblich über den zum Haushaltsausgleich nötigen 25 Millionen Mark liegen.

Wie teuer es aber sein wird, innerhalb der kommenden zwei bis drei Jahre die umfangreichen Metall- und Elektrowerkstätten vom Holter Feld zu verlagern, ist noch unklar. Die Bildungsbehörde rechnet mit fünf bis zehn Millionen Mark. Die Berufsschulzweige sollen in die Schulzentren Vegesack und Utbremen sowie in die Berufsschulen für Metalltechnik, Elektrotechnik und das KfZ-Gewerbe verlegt werden. „Die Stimmung hier ist resigniert“, sagt Lehrer Rolf Becker. Die Qualität der Schule und die Nachfrage der Schüler spielt pür die Schließungsentscheidung keine Rolle: Der neue – letzte – Gymnasialjahrgang ist nach Schulangaben voll belegt.

Im erst vor zehn Jahren gebildeten Schulzentrum Huckelriede fühlt man sich noch mehr als Bauernopfer als im Holter Feld. Es trifft die Huckelrieder, weil nach den Behördenplanungen die dortigen Bildungsgänge der beruflichen Abteilungen (Wirtschaft und Verwaltung) komplett im Gebäude der Höheren Handelsschule untergebracht werden können.

Die Schüler wollen das nicht hinnehmen und haben für die verbleibende Schulwoche Proteste angekündigt: „Erst hat man uns monatelang hingehalten, jetzt verarscht man uns richtig“, sagt Daniel aus dem 12. Jahrgang. „Es ist doch schlimm“, kommentiert der 19jährige den Verkauf des Holter Feldes an Daimler, „wenn der größte Arbeitgeber Deutschlands ruft, zählt nichts anderes mehr“.

Auch der grüne Bildungspolitiker Helmut Zachau befürchtet, daß beim Verkauf am Ende für die Stadt nichts übrig bleiben könnte: Was die Bildungsbehörde macht, sei „Gewurstel ohne klare Zielsetzung, weder bildungs- noch finanzpolitisch“. Joachim Fahrun

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