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Stahmer wirft Rettungsring

■ Sportsenatorin Stahmer will eine Gesetzesänderung durchsetzen, die den Bäderbetrieben Verkäufe und Kreditaufnahmen ermöglicht. Kritik aus der eigenen Partei und von den Grünen

Die Berliner Bäderbetriebe (BBB) sollen demnächst Kredite bei den Banken aufnehmen und nicht mehr betriebene Bäder verkaufen können. Dies sieht das Bäderanstalts-Änderungsgesetz vor, das Sportsenatorin Ingrid Stahmer (SPD) noch in diesem Jahr verabschiedet sehen will.

Ursprünglich sollte mit dem Gesetz vor allem die Übernahme der „Zentralen Sportstätten“ in Regie der dann zu gründenden Bäder- und Sportbetriebe geregelt werden. Zu diesen Sportstätten gehören unter anderem das Sportforum Hohenschönhausen oder das Jahn- Stadion, für die das Land Berlin bislang noch keine endgültige Trägerschaft gefunden hatte. Aufgrund der finanziellen Engpässe der Bäderbetriebe setzt sich die Sportsenatorin nun aber auch für eine Aufnahme der Grundstücksverfügungsrechte in das Gesetz ein. Dies geht aus einer Protokollnotiz hervor, die Ingrid Stahmer auf der letzten Aufsichtsratssitzung der BBB am vergangenen Mittwoch fertigte.

Mit der Übertragung der Verfügungsrechte kommt Ingrid Stahmer einer bereits seit langem erhobenen Forderung der Bäderbetriebe entgegen. Diese hatten immer wieder betont, sowohl den laufenden Betrieb als auch den baulichen Unterhalt sowie anstehende Sanierungen nicht aus dem bestehenden Etat finanzieren zu können. Am Montag hatte BBB-Sprecher Manfred Radermacher sogar damit gedroht, acht Bäder schließen zu müssen. Der Grund: Bei den Verhandlungen für das Haushaltsjahr 1999 ist eine weitere Kürzung der Zuschüsse für die BBB um 7 Millionen Mark auf 92 Millionen vorgesehen. Noch 1996 hatten die als Anstalt öffentlichen Rechts firmierenden BBB 136 Millionen Mark aus dem Topf der Sportsenatorin erhalten.

Das Entgegenkommen Stahmers an die Forderungen der Bäderbetriebe wurde von der CDU gestern begrüßt. „Erfolg haben vor allem solche Bäder, die auch mit Sauna ausgestattet werden“, sagte der Vorsitzende des Sportausschusses, Michael Borgis. Dafür müßten die Bäderbetriebe aber auch andere Bäder verkaufen dürfen, so Borgis weiter.

Genau das will aber die SPD verhindern. Zwar sei die geplante Verabschiedung des Bäderanstalts-Änderungsgesetzes auch im Sinne der SPD, sagte gestern die Abgeordnete Heide Nisblé. Unrentable Bäder dürften allerdings nicht geschlossen werden.

Etwas kritischer äußerte sich der stellvertretende SPD-Landesvorsitzende Klaus-Uwe Benneter. „Wenn es darum geht, eine schleichende Veränderung der Bäderstruktur zugunsten von Spaß- und Erlebnisbädern umzusetzen, ist das nicht im Sinne der SPD“, sagte Benneter der taz. Es sei deshalb Aufgabe von Senatorin Stahmer, im Aufsichtsrat zu verhindern, daß die BBB Kredite auf öffentliche Grundstücke aufnehmen, die sie später nicht bedienen könnten. Denn das, so Benneter, käme letzlich einem Verkauf dieser Grundstücke gleich.

Auf prinzipielle Ablehnung stieß das Stahmer-Vorhaben gestern bei den Bündnisgrünen. Eine Übertragung der Grundstücksverfügungsrechte würde eine schleichende Privatisierung der Bäderbetriebe bedeuten, sagte Fraktionssprecher Matthias Tang. „Diesen Ausverkauf“, so Tang, „werden wir nicht mittragen.“ Uwe Rada

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