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Nachfolgedebatten in Japans LDP

■ Als "erzkonservativer Knochen" empfiehlt sich Keizo Obuchi für die Nachfolge von Premier Hashimoto. Junge Abgeordnete in Japans Regierungspartei suchen einen eigenen Kandidaten

Tokio (taz) – Keizo Obuchi gilt als „erkaltete Pizza“ und Seiroku Kajiyama als „erzkonservativer Knochen“. So sieht das magere Menü der regierenden Liberal-Demokraten (LDP) aus, die gerade verzweifelt einen Nachfolger für den gestürzten Premier Ryutaro Hashimoto suchen. Die beiden Senioren der Regierungspartei haben gestern ihre Kandidatur für den Parteivorsitz in der LDP bekanntgegeben. Sowohl der 60 Jahre alte Obuchi als auch sein 72jähriger Parteikollege versprachen nach der Wahl Steuersenkungen.

Entschieden wird aber erst in einer Woche, und bis dahin wollen junge LDP-Abgeordnete mindestens noch ein „Sashimi mit scharfem Rettich“ in ihren Reihen finden, das dem Wahlgang ein wenig Pep verleihen soll.

Die Unzufriedenheit der jungen LDP-Garde hatte die „Shogune im Schatten“, wie die ergrauten Hintermänner und ehemaligen Premierminister Noboru Takeshita und Yasuhiro Nakasone auch genannt werden, schon am Donnerstag zu einem Rückzieher gezwungen. Keizo Obuchi, der amtierender Außenminister und Kronfavorit für das Amt des Premierministers ist, wurde kurzerhand zurückgepfiffen, als er seine Kandidatur vor seinem Rivalen Seiroku Kajiyama offiziell ankündigen wollte.

Wie in alten Zeiten wurde in den Hinterzimmern der LDP über die Nachfolge Hashimotos abgestimmt. Das fanden junge LDP- Abgeordnete unfair und setzten durch, daß diesmal der Parteivorsitz in einem echten Wahlgang mit geheimer Stimmabgabe und mehreren Kandidaten bestimmt wird.

Die interne Rebellion geht noch weiter. Im noblen Akasaka-Hotel trifft sich nun die LDP-Parlamentarierjugend – nicht jünger als 45, aber auch nicht älter als 58 Jahre – und versucht, den 56jährigen Gesundheitsminister Junichiro Koizumi zu einer Kandidatur zu bewegen. Koizumi, ein Abgänger der prestigereichen Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät der Keio Universität, gilt als ein Mann mit Sachkenntnis in Wirtschaftsfragen, die gegenwärtig für das Amt eines Premiers gefragt ist.

Außerdem hat Koizumi ohne Rücksicht auf seine Karriere innerhalb der LDP auch schon Reformvorschläge aus der Opposition unterstützt, mit denen heilige Kühe in der japanischen Wirtschaftsstruktur geschlachtet werden sollten.

Der krausköpfige Koizumi, sagt die LDP-Abgeordnete Makoto Tanaka, würde auch von der japanischen Bevölkerung akzeptiert. Noch ist der Wahlausgang völlig offen. Ob Koizumi sich als das „Sashimi mit scharfem Rettich“ zur Verfügung stellen wird, zeigt die nächste Woche. André Kunz

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