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Ein Kind zwischen Schule und Arbeit

Kein Hortplatz für sechsjährigen Sohn alleinerziehender Mutter  ■ Von Susanne Hericks

Claudia Behrens bekommt langsam Panik. In fünf Wochen weiß die alleinerziehende Graphikerin nicht mehr, wohin mit ihrem 6jährigen Sohn Ivo. Dabei hat sie zusammen mit anderen Eltern die Initiative ergriffen und einen eigenen Hort gegründet. Komplett ausgestattete Räume haben sie, einen Erzieher auch – nur kein Geld. Das sollte vom Amt für Jugend der Behörde für Jugend, Schule und Berufsbildung kommen, doch das will nicht zahlen.

Beim Amt für soziale Dienste in Eimsbüttel werden regelmäßig zum Schulbeginn mehr Hortplätze nachgefragt als vorhanden sind. Dennoch werden „Haushaltsmittel derzeit nur in schlechter ausgestattete Stadtteile oder Neubaugebiete, wo es noch gar keine Einrichtungen gibt, investiert“, erklärt Sybille Neuwirth, Referentin für Trägerberatung und Heimaufsicht über Kindertageseinrichtungen beim Amt für Jugend. Eimsbüttel gehöre zu den „am besten“ ausgestatteten Bezirken in Hamburg. Und einen Rechtsanspruch auf einen Hortplatz haben Schulkinder – im Gegensatz zu Kindergartenkindern – nicht.

Ab dem 26. August geht Ivo in die erste Klasse der Schule An der Isebek – von acht bis zehn Uhr. Claudia Behrens muß aber von 10 bis 15.30 Uhr Geld verdienen. Bis August wird Ivo noch im Kindertagesheim „Kindervilla Fruchtallee“ betreut. Als Schulkind darf er da aber nicht mehr hin. Deshalb hat Claudia Behrens viel unternommen, um einen Hortplatz für ihren Sohn zu organisieren, sie hörte aber immer nur, „wir haben keine Plätze“. Selbst in Ivos neuer Schule, wo ein pädagogischer Mittagstisch angeboten wird, also Mittagessen und Betreuung bis in der Regel 15 Uhr, kam er nicht unter.

Das Amt für Soziale Dienste verwies auf Tagesmütter. Doch das will die alleinerziehende Mutter nicht: „Ich halte es für wichtig, daß mein Sohn von einer ausgebildeten Erzieherin betreut wird.“ Um Tagesmutter oder -vater zu werden, bedarf es keiner pädagogischen Qualifikation.

Nach ihren vergeblichen Versuchen, einen Hortplatz zu ergattern, entschieden sich Claudia Behrens und andere berufstätige Eltern der Kindervilla-Kinder, den eigenen Hort auf die Beine zu stellen. Das Amt für Jugend erteilte den Eltern als Träger des Hortes Kindervilla Fruchtallee auch eine Betriebsgenehmigung für 10 Hortplätze, lehnte aber die Förderung ab.

Gegen den abschlägigen Bescheid haben die sieben Alleinerziehenden und Eltern jetzt, juristisch beraten, Widerspruch eingelegt. Die Frist läuft übermorgen ab. Wenn der Widerspruch keinen Erfolg hat, wollen die Eltern klagen.

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