„Keine Eheanbahnung für Kleinwüchsige bezahlen“

■ Gesundheitszentrum gescheitert? Neuer Streit ums Hafenkrankenhaus auf St. Pauli

Die Krankenkassen haben sich gestern zum Thema Sozial- und Gesundheitszentrum im Hafenkrankenhaus weit aus dem Fenster gehängt: „Wir werden dafür keine müde Mark zur Verfügung stellen“, so Hans-Otto Schurwanz, Vorsitzender des Landesverbandes der Betriebskrankenkassen, auf der NDR-Hamburgwelle. Der VdAK (Verband der Angestellten Krankenkassen) trötet bei der Frage nach der Finanzierung der dort geplanten 40 Betten ins selbe Horn: „Wir werden den Teufel tun“, so VdAK-Sprecherin Vera Kahnert. Unter diesen Vorzeichen sollen demnächst die Verhandlungen zwischen den Krankenversicherungen und den potentiellen Betreibern des Zentrums beginnen.

„Es kommt für uns überhaupt nicht in Frage, daß dort Betten aufgestellt werden“, entrüstet sich Vera Kahnert, „unsere Versicherten scheuen den Weg dorthin, weil sie die Gegend nicht mögen. Sie weichen lieber in die Notfallpraxis an der Stresemannstraße aus.“ Die beinharte Linie des VdAK gegen den Standort Hafenkrankenhaus in St. Pauli habe sich nicht verändert. Zugegebenermaßen, so Kahnert, seien die sozialen Projekte für Obdachlose, die das Zentrum beherbergen soll, vernünftig. Für die seien die Krankenversicherungen aber nicht zuständig: „Es ist auch sinnvoll, Eheanbahnung für Kleinwüchsige zu machen, aber wir können das nicht finanzieren.“

Die Idee für das Gesundheitszentrum sieht jedoch ausdrücklich vor, daß die Menschen, die eines der niedrigschwelligen Angebote für Drogensüchtige, PsychiatriepatientInnen oder Flüchtlinge wahrnehmen, auch stationäre Betten vorfinden. Sie gehören wie die Obdachlosen zu einer wachsenden Gruppe innerhalb der Bevölkerung, die sich schämt, ein Krankenhaus zu betreten, oder die von den Kliniken abgewiesen werden.

Die Initiative vom Planungsbüro für das Zentrum, die seit mehr als anderthalb Jahren für den Standort Hafenkrankenhaus kämpft, kann das alles wenig erschüttern. „Alles heiße Luft im Sommerloch“, so Sprecher Frank Eyssen. Schließlich habe die Sozial- und Gesundheitsbehörde das Gesamtkonzept „gerade erst positiv bewertet“.

Auch Michael Klemperer vom Vorstand der „Hanseärzte St. Pauli“ ist sicher: Die neuen Querschläge der Kassen seien nicht weiter ernst zunehmen. Der Praxenverbund, der in das im März 1997 stillgelegte Hafenkrankenhaus einziehen möchte, feilt zur Zeit noch an seinem Konzept. Im August soll das Gelände per Senatsbeschluß von der Stadt an die BetreiberInnen übergehen. Erst dann soll die Behörde mit den Kassen verhandeln.

„Noch ist nicht aller Tage Abend“, so die optimistische Staatsrätin der Stadtentwicklungsbehörde, Barbara Maier-Reimer (SPD), die das Zentrumskonzept propagiert: „Alles andere würde mich sehr überraschen“. lian