piwik no script img

„Ich bilde mir da nichts drauf ein“

■ Im taz-Interview: Elke Münch und ihre Tochter Carina, die „In-Vitro“ gezeugt wurde

Am Sonnabend trafen sich in Hamburg 2600 Eltern, die ihre Kinder mit Hilfe der In-Vitro-Fertilisation (IVF) bekommen haben, mit ihrem Nachwuchs zu einem Kinderfest. Eingeladen hatte eine Hamburger Arztpraxis. Elke Münch (56) wurde 1985 als 13. Frau in Hamburg durch IVF schwanger. Ihre Tochter Carina ist heute 12 Jahre alt.

taz: Ist die In-Vitro-Fertilisation in Ihrem Alltag überhaupt noch ein Thema?

Carina: Mir fällt es nur ein, wenn mich jemand darauf anspricht. Ich bild– mir da nix drauf ein – es gibt ja schon so viele IVF-Kinder.

Elke Münch: Ich denke schon ab und zu daran. Für mich ist das niemals etwas gewesen, was ich hätte verheimlichen müssen – auch nicht vor Carina. Im allgemeinen waren die Reaktionen in meiner Umwelt recht verständnisvoll. Bloß andere Mütter sagten oft: ,Das würde ich ja nie machen!'.

Hat Sie das verletzt?

Nein. Die hatten ja nicht zwanzig Jahre lang vergeblich gehofft. Aber es hat mich schon deprimiert, daß ich als Frau diese angeblich einfachste Sache nicht konnte. Ich habe es vor der Geburt auch nicht allen erzählt. Schließlich war ich schon 43, nicht verheiratet und Carinas Vater war keine Deutscher – das konnte nicht jeder verstehen.

Carina: In meinem Freundeskreis wissen das fast alle, und ich hatte nie Probleme deshalb. Manchmal entdecken Bekannte meinen Namen in der Zeitung und fragen dann ganz schüchtern nach, als ob mir das peinlich sein könnte. Aber ich seh' das ganz locker und erkläre ihnen auch die Methode.

Die IVF-Behandlung ist für die Patientin ziemlich aufwendig. Warum haben Sie sich dennoch dafür entschieden, Frau Münch?

Elke Münch: Es war die einzige Methode, die uns noch blieb. Ich hatte schon zwei Operationen hinter mir. Dagegen empfand ich die IVF-Behandlung als einen Klacks.

Und wenn es nicht geklappt hätte?

Darüber habe ich nicht konkret nachgedacht. Eine Adoption wäre eine Möglichkeit gewesen, aber wir waren ja nicht verheiratet. Ich hatte auch schon Pflegekinder. Aber ein eigenes ist besser.

Warum?

Weil man es behalten darf! Pflegekinder werden einem oft wieder weggenommen. Ich weiß noch, wie ich erfahren habe, daß ich schwanger bin: Mein Partner und ich sind über den Flur getanzt. Und dann die ganze Schwangerschaft zu erleben, diese Verbundenheit. Erst nach ein paar Monaten habe ich realisiert, daß Carina wirklich mein Kind ist.

Verfolgen Sie heute noch die Debatten über künstliche Befruchtung?

Nicht mehr intensiv. Ich sehe die IVF ähnlich wie einen Herz-Bypass – man überbrückt halt eine Strecke. Trotzdem denke ich nicht, daß man grundsätzlich alles machen sollte, was medizinisch möglich ist. Fragen: Heike Dierbach

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen