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Schily schiebt die SPD nach rechts ab

■ SPD bei Innerer Sicherheit konsequent auf CDU-Linie: Schröders Innenminister in spe verlangt die „konsequente Abschiebung“ straffälliger Ausländer und eine „geschlossene Heimunterbringung hochgradig krimineller Kinder“

Bonn (taz) – Bei straffälligen Ausländern „müssen aufenthaltsbeendende Maßnahmen unverzüglich getroffen und vollzogen werden“. Die europäische Polizei Europol soll „schnellstmöglich“ funktionsfähig werden. „In den Deliktsbereichen, die von ausländischen Straftätern dominiert werden, sind die Maßnahmen der Strafverfolgung zu intensivieren.“ Bei Kindern und Jugendlichen, die durch „hochgradig kriminelles Verhalten auffallen“, sollte „die geschlossene Heimunterbringung in Betracht gezogen werden“. Diese Forderungen stammen nicht aus dem Wahlprogramm der Unionsparteien – die stellen ihr Konzept zum Thema erst heute in München vor. Sie stehen im Positionspapier der SPD zur Inneren Sicherheit, das gestern in Bonn vom stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden Otto Schily und zwei SPD-Länderministern erläutert wurde.

„Die SPD im Wettlauf um den größten Sheriff-Stern“, kommentierte die bündnisgrüne Fraktionssprecherin Kerstin Müller das Papier. Die CSU sieht das offenbar ähnlich: Die SPD versuche sich an die Themen der Unionsparteien heranzuschleichen, meinte ihr Generalsekretär Bernd Protzner. Sein CDU-Kollege Peter Hintze sieht in dem Papier einen Versuch, die „krassen Versäumnisse“ der SPD bei der Inneren Sicherheit durch „wohlklingende Versprechungen vergessen zu machen“. Für die FDP sagte deren innenpolitischer Sprecher Max Stadler: „Die innenpolitischen Vorstellungen der SPD sind von denen der Union kaum mehr zu unterscheiden.“ Unterschiede vermag inzwischen offenbar nur noch Otto Schily, Gerhard Schröders Wunschkandidat für das Amt des Innenministers, zu erkennen: Bei der Union komme das Thema Prävention praktisch nicht vor. Das SPD-Papier hingegen stelle ein „ausgewogenes Verhältnis zwischen Prävention und Repression“ dar.

Dazu zählt für Schily auch, in der organisierten Kriminalität aktive Ausländer rasch in ihre Heimat zu verschicken: „Es ist notwendig, daß wir konsequent abschieben.“ Illegale Gewinne müßten eingezogen werden. Außerdem verlangt das SPD-Positionspapier, die Herstellung und Verbreitung von Kinderpornographie konsequent zu bekämpfen. Eher beiläufig erteilte Schily gestern auch noch der Freigabe weicher Drogen eine Absage und äußerte sich zustimmend zur Beobachtung der PDS durch den Verfassungsschutz: „Allein die Tatsache, daß es innerhalb der PDS eine Kommunistische Plattform gibt, scheint mir Grund genug, die Beobachtung fortzusetzen.“

Eine Sache wollte der SPD-Politiker dann ganz am Schluß der Pressekonferenz noch ungefragt klarstellen: Es sei „schlicht die Unwahrheit“, wenn die Union in ihrem Wahlprogramm behaupte, die SPD wolle das Asylrecht in seiner alten Form wiederherstellen. Das wollten ja inzwischen nicht einmal mehr die Grünen.

Wollen sie doch. Nachdem deren innenpolitischer Sprecher Rezzo Schlauch in verschiedenen Zeitungen mit der Äußerung zitiert worden war, seine Partei wolle keine Revidierung der Grundgesetzänderung von 1993 anstreben, sahen sich Partei- und Fraktionsspitze gestern zu einer Klarstellung veranlaßt. „Es gibt keinen Kurswechswel in der grünen Flüchtlingspolitik. Das Asylrecht ist ein unveräußerlicher Teil der Menschenrechte und Ausdruck unserer historischen Verantwortung. Unser Ziel bleibt darum eine Mehrheit für die Wiederherstellung des Grundrechts auf Asyl“, heißt es in einer gemeinsamen Pressemitteilung von Fraktionschefin Kerstin Müller und Vorstandssprecher Jürgen Trittin, die auch mit Rezzo Schlauch abgesprochen wurde.

Allerdings sei die notwendige Zweidrittelmehrheit für die Wiederherstellung des Grundrechts auf Asyl derzeit nicht in Sicht. Deshalb wollen die Grünen zunächst um eine grundlegende Reform des Asylverfahrensgesetzes kämpfen. Die Genfer Flüchtlingskonvention und die Europäische Menschenrechtskonvention müßten wieder gelten, Sonderverfahren wie bei der Einreise am Flughafen sollten ersatzlos gestrichen werden, und bei der Drittstaatenregelung müsse effektiver Rechtsschutz gewährleistet werden. „In all diesen Punkten gibt es einen scharfen Dissens zu allen anderen Parteien, aber keinen Streit innerhalb der Grünen“, betonte Trittin gegenüber der taz. Bettina Gaus

Tagesthema Seite 3

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