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Der kleine Unterschied im Beruf

Männer arbeiten weniger und verdienen mehr als Frauen: Hamburgs Arbeitswelt gestern und heute, wie sie Statistiker sehen  ■ Von Karin Flothmann

Kommen Männer in die Wechseljahre, dann suchen sie nach neuem Lebenssinn. Diesen Schluß legen neueste Ergebnisse des Statistischen Landesamtes Hamburg zumindest nahe. Denn während 1977 noch fast 90 Prozent aller 55- bis 60jährigen Männer in Hamburg erwerbstätig waren, sind es heute nur noch knapp 70 Prozent.

„Das ist doch eine ganz gehörig große Gruppe junger alter Männer, die jetzt in ihrem Leben ganz etwas anderes machen als zu arbeiten“, stellt Wolfgang Bick, der Leiter des Statistischen Landesamtes, erstaunt fest. Immerhin handelt es sich bei den heutigen Frührentnern und Vorruheständlern um die geburtenstarken Jahrgänge von 1937 bis 1942 – als 46er Jahrgang macht Bick sich da wohl so seine Gedanken.

Die Sonderauswertung des Mikrozensus von 1997, die Bick gestern unter dem Titel „So arbeiten die Hamburgerinnen und Hamburger“ präsentierte, macht vor allem eines deutlich: Arbeit ist nicht mehr das, was sie noch vor zwanzig Jahren einmal war. Denn, so Bick: „Den Normarbeitsplatz gibt es heute kaum noch.“ Die traditionelle Vollzeit-Berufstätigkeit, die sich vielfach über Jahre hinweg im selben Unternehmen abspielte, ist für Hamburgs arbeitende Bevölkerung nicht mehr die Regel. Fast jeder Zehnte der 649.900 abhängig Beschäftigten in der Hansestadt hat heute nur einen befristeten Arbeitsvertrag.

Ein Fünftel aller Erwerbstätigen arbeitet als Teilzeitkraft – insgesamt 140.200 Menschen. Fast 80 Prozent von ihnen sind Frauen. 51.000 HamburgerInnen sind nur geringfügig beschäftigt, verdienen also 620 Mark oder weniger pro Monat, so daß der Arbeitgeber für sie keine Sozialversicherungsabgaben zahlen muß. Der Frauenanteil in dieser Gruppe liegt bei zwei Dritteln.

„Auch hier wird deutlich, welche Unterschiede es zwischen Männern und Frauen gibt“, sagt Bick und präzisiert nach einer kurzen Pause: „Statistisch gesehen, natürlich.“ Frauen drängten in den vergangenen Jahren immer stärker auf den Arbeitsmarkt, was zu einer deutlichen Veränderung der berufstätigen Bevölkerung führte. Waren vor 40 Jahren nur 40 Prozent aller 15- bis 65jährigen Frauen berufstätig, so sind es heute fast 60 Prozent. Bei den Männern hingegen nimmt die Teilnahme am Erwerbsleben seit 20 Jahren kontinuierlich ab. 1977 gingen noch 81 Prozent von ihnen täglich zur Arbeit, heute sind es nur noch 68 Prozent.

Auswirkungen auf den Verdienst hat diese Entwicklung nicht. In den unteren Einkommensgruppen sind Frauen stark überrepräsentiert. Fast 115.000 von ihnen verdienen in Hamburg monatlich höchstens 2200 Mark netto. Denn an dem Phänomen, daß mit dem Gehalt auch die männliche Präsenz steigt, hat sich nichts geändert: 91.000 Männer lassen sich ihren Job mit 4000 Mark und mehr pro Monat bezahlen; auf ein vergleichbares Salär kommen in Hamburg lediglich 23.000 Frauen.

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