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AnalyseBlairs treueste Diener

■ Der britische Premier sichert mit der Regierungsumbildung die Loyalitäten

Aus dem „undurchsichtigen Prinzen“ soll ein richtiger Politiker werden. Der britische Premierminister Tony Blair hat in seiner ersten Kabinettsumbildung seit Amtsantritt seinen engen Vertrauten Peter Mandelson zum Minister für Industrie und Handel gemacht. Die Ernennung des bisherigen Ministers ohne Geschäftsbereich ist im Kabinett höchst umstritten. Weil er niemandem außer Blair rechenschaftspflichtig war und hinter den Kulissen lavierte, gehört Mandelson zu den unbeliebtesten Labour-Politikern – vor allem im Lager des Schatzkanzlers Gordon Brown, hatte Mandelson doch bei der Wahl zum Parteivorsitz trotz seiner Freundschaft mit Brown dessen Konkurrenten Blair unterstützt.

Brown ist der Verlierer der Kabinettsumbildung, nicht nur wegen Mandelson. Seine wichtigsten Verbündeten im Kabinett, vor allem der bisherige Fraktionsvorsitzende Nick Brown, mit dem er Nachnamen und Ansichten teilt, sind auf unwichtigere Posten versetzt worden. Dagegen ist ihm mit Stephen Byers ein treuer Blair-Anhänger als Staatssekretär der Schatzkanzlei ins eigene Nest gesetzt worden. Darüber hinaus hat Blair den bereits abgeschriebenen Jack Cunningham zum „Enforcer“ ernannt, ein neues Amt, das die Durchsetzung der Blairschen Politik gewährleisten soll. Ein kluger Schachzug: Als Landwirtschaftsminister hatte es sich Cunnigham mit den Bauern verdorben, die Hinterbänkler mißtrauen ihm wegen seiner plötzlichen Bekehrung von Old zu New Labour, in Browns Lager und bei den Medien war er ohnehin unbeliebt. Sein politisches Überleben verdankt er einzig dem Premier, der bedingungslos auf ihn zählen kann.

Diese Kabinettsumbildung bedeutet keine politische Verschiebung. Es ging Blair um besseres Management, um die Umsetzung seiner Politik. Deshalb hat er, wie erwartet, Harriet Harman und Frank Field hinausgeworfen. Die bisherige Sozialministerin und ihr Staatssekretär waren voriges Jahr mit der Aufgabe betraut worden, bei der Wohlfahrtsreform „das Undenkbare zu denken“. Statt dessen versuchten sie sich mit unpopulären Kürzungen, zum Beispiel auf Kosten alleinerziehender Mütter, gegenseitig zu übertrumpfen, blieben aber ineffektiv: Bis 2001 werden die Ausgaben im Sozialbereich auf umgerechnet fast 330 Milliarden Mark jährlich steigen.

Die umstrittenen Punkte blieben vorerst ausgeklammert: Die Europafrage und das Referendum über die Teilnahme an der Währungsunion stehen in den nächsten Jahren an, die Reform des Oberhauses und die Wahlreform ebenfalls, und mit der Wirtschaft geht es langsam bergab. Früher oder später muß die Fassade der Einigkeit bei Labour aufbrechen. Für diesen Zeitpunkt hat Blair mit der Ernennung seiner eigenen Leute vorgesorgt. Ralf Sotscheck

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