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Plastene Wohnmodule

■ Trotz Blick auf die Erde: Heimelig ist die Internationale Raumstation nicht gerade

Wie ein Sozialraum sieht es im amerikanischen Wohnmodul nicht gerade aus. Kaltes Plastik an den Wänden, Schalter, Computerbildschirme. Und dennoch sollen in einem Raum wie diesem einmal sieben Astronauten aus verschiedenen Ländern leben, wenn sie mit der Internationalen Raumstation die Erde umkreisen. Aber immerhin leuchten hinter einem Bullauge die Sterne unten, sofern es im Weltall ein unten gibt, krümmt sich die Erde. Über den blauen Planeten und über ihre Arbeit werden die Raumfahrer sich in der offiziellen Bordsprache englisch unterhalten. Auch alle Beschriftungen sind englisch. Nur in den russischen Modulen, das erste soll im Herbst 1998 ins All geschossen werden, sind die Hinweise auch in kyrillisch.

Unter der Decke des Wohnmoduls, aber die ist natürlich nur im 1:1-Modell der Raumstation in der Dasa-Halle oben, hängt eine Schlaf-Doppelkoje an der Wand. Geruht wird in Schichten. Die Schläfer schlüpfen in einen weißen Leinensack und zurren sich fest, sonst schweben sie im Schlaf noch irgendwo gegen. Eine weitere Schlafstatt steht aufrecht (?) hinter einer Plexiglas-Tür in einer kleinen Koje. Wer am Tisch neben dem Fenster zu tun hat, schlüpft mit den Füßen in Schlaufen, um in Position zu bleiben.

Nebenan ist die Naßzelle, mit Druck läßt sich das Wasser aus der Dusche sogar auf Astronautenhaut spritzen. Eher Saugkraft ist hingegen im Klosett gefordert, in dem für männliche urinierende Raumfahrer ein kondomähnlicher Trichter aus Plastik bereitliegt. Damen dürfen sich hingegen immer über das kleine Löchlein setzen. Mit Unterdruck wird alles abgesaugt. Die Hinterlassenschaften werden getrocknet, die flüssigen Überreste in den Kühlkreislauf der Station eingespeist.

Weil jede Astronautin nur zwei Kilo persönlicher Habe mit ins All nehmen darf und ein Buch schon 600 Gramm wiegt, dürften die Raum-Ausflügler ohnehin die meiste Zeit mit Arbeit verbringen.

So werden sie sich tummeln vor Monitoren und Arbeitsschränken im europäischen Columbus-Labor oder dem japanischen Modul Jem, die an einen zentralen Verbindungsknoten andocken. Hier werden sie auch die automatischen Versorgungstansporter entladen, die hier anlegen. Und nach der Schicht werden die Menschen in ihren Sack kriechen und durchs Fenster Mutter Erde grüßen. jof

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