: Endlich Glanz in der Hütte
■ Die TV-Branche will sich endlich den Preis verleihen, den sie ihrer Meinung nach verdient
Nun also doch. Fast mußte man schon fürchten, daß es mit einem „Deutschen Fernsehpreis“ in diesem Jahrtausend nix mehr würde. Aber nun werden wohl doch noch ein paar Glückliche eine Trophäe schwenken können, auf der das eingravierte Jahr mit einer Eins beginnt. Zumindest einigten sich die Gewaltigen von ARD, ZDF, RTL und Sat.1 unlängst darauf, den Wettstreit um die herausragendste Leistung vor und hinter der Kamera 1999 wirklich auszurichten. Und am 3. Oktober, ein Jahr später als geplant, soll die dazugehörige Bembel-Vergabe in Köln erstmals über die Bühne gehen.
Der neue „Deutsche Fernsehpreis“, das heißt zunächst einmal ein Preis weniger. Denn dieser durchaus bemerkenswerten konzertierten Aktion fallen sowohl der „Telestar“ (ARD/ZDF) als auch „Goldener Löwe“ (RTL) zum Opfer. Sat.1 hatte bislang noch nichts eigenes, darf jetzt aber auch mitmachen. Hintergrund der Fusion: Dem zweitgrößten Fernsehmarkt der Welt, so nörgelt die Branche schon seit Jahren, mangelt es an einer Auszeichnung, die nicht nur Glamour in die eigene Hütte bringt, sondern auch international was hermacht. Halt irgend so ein TV-Oscar wie der „Emmy“, dessen Glanz alle anderen TV- Awards in den Schatten stellt.
So meldet der „Deutsche Fernsehpreis“, realiter nur einer unter vielen, schon vom Namen her keck Monopolansprüche an. Und auch das Datum der Verleihung ist staatstragend-gewichtig. Daß sämtliche deutschen TV-Anbieter den Wettbewerb in puncto Renommee unisono über alle anderen stellen werden, ist klar. Sie finanzieren ihn schließlich. Was aber aus dem Anspruch wird, dürfte man nicht zuletzt beim Adolf-Grimme-Institut in Marl mit Spannung verfolgen. Schließlich galt der seit 1964 jährlich verliehene Grimme-Preis Jahrzehnte unbestritten als deutscher Fernseh-Oscar. Schon allein aufgrund der Transparenz der Preisfindung und der Unabhängigkeit der Juries, die da aus dem Fernsehjahr so was wie „Qualitätsfernsehen“ herauszusieben versuchen. Selbst wenn es die beschauliche Verleihungsprozedur nie bis in Michael Graeters Party-Report schaffte, holen sich die Preisträger ihre Pokale noch immer persönlich im Marler Stadttheater ab.
Dennoch hat der Grimme-Preis mit dem Auftritt des Privatfernsehens innerhalb der Branche, die vornehmlich ihre Erfolgsprogramme dekoriert sehen möchte, merklich an Gewicht verloren. Und mit dem „Deutschen Fernsehpreis“ droht weitere Gefahr. So bekennt Ulrich Spies vom Grimme-Institut, den „neuen Konkurrenten wesentlich ernster“ zu nehmen, als dessen zwei Vorläufer. „Wie gefährlich das letztlich für uns wird“, so Spies, „hängt davon ab, wie groß die Schnittmenge von „Deutschen Fernseh-“ und „Grimme-Preisen“ ausfällt“.
Dabei, sagt Spies, sei nicht nur von Bedeutung, ob die Juries beim Deutschen Fernsehpreis tatsächlich so unabhängig sein werden wie angekündigt: „Sondern vor allem, was man ihnen zur Beurteilung überhaupt vorlegt und wie transparent man diese Vorauswahl hält.“ Wohl wahr. Wenn sich das Ganze in drolligen Selbstbeweihräucherungen wie bei „Telestar“ und „Goldener Löwe“ erschöpft, wo die Sender vorzugsweise ihre Quotenlieblinge von „Lindenstraße“ bis Barbara Eligmann abfeierten, könnte man konsequenterweise auch gleich Kategorien wie „Die beste ARD-Sendung“ und „Das ergreifendste Sat.1-Magazin“ ausloben. Man darf also einigermaßen gespannt sein, welches Maß an Souveränität die Veranstalter beim „Deutschen Fernsehpreis“ an den Tag legen. Und wie die Trophäe aussehen soll, ist auch noch nicht raus. Vielleicht wie die Telestar-Dame mit Löwenmähne und einem bunten Bällchen unterm Arm? Reinhard Lüke
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