■ Kabila ist Schuld an der Rebellion von Tutsi-Truppen gegen ihn: Zerfällt der Kongo?
Die explosive Stimmung im Kongo ist Resultat einer konsequenten Ausgrenzungspolitik von Präsident Kabila nach seiner Machtübernahme im Mai 1997 gegenüber den ehemaligen Alliierten. Die kongolesischen Banyamulenge-Tutsi, eine Kerntuppe der Rebellion, die Mobutu im vergangenen Mai stürzte, waren zusammen mit anderen kongolesischen Gruppen davon ebenso betroffen wie die ruandischen und ugandischen Truppen, ohne die Kabila das ehemalige Zaire nicht erobert hätte.
Die jüngste Meuterei im Osten des Landes durch Banyamulenge-Militärs und die Spannungen in Kinshasa werden allerdings kaum das Ende Kabilas einleiten. Im Gegenteil: Sie könnte eine Solidarisierung mit dem autoritären Präsidenten bewirken. Denn die Präsenz der Tutsi-Gruppen in Armee und Geheimdiensten wurde von der Bevölkerung als Fremdherrschaft moniert. Das Ende ihrer dominanten Stellung an der Spitze des Kongo wurde von der Opposition lange gefordert, aber von Kabila nicht umgesetzt, weil gerade sie seine Macht stützen.
Inzwischen aber hat Kabila die Reste der Mobutu- Armee „umerziehen“ lassen und seine eigene Truppe aus Katanga aufgestellt. Offenbar hält er sie jetzt für stark genug, um den Abzug der bisher alliierten Helfer aus Ruanda und Uganda umzusetzen. Das aber schafft zusätzliche Spannung vor allem in den beiden östlichen Kivu-Provinzen, die an Ruanda und Uganda grenzen. Denn mit dem Ausweisungsbeschluß sind die Sicherheitsinteressen Ruandas und Ugandas berührt. Dort haben etwa die für den ruandischen Völkermord verantwortlichen Hutu-Milizen ihr Rückzugsgebiet im Kampf gegen die Regierung in Kigali. Sowohl Ruanda als auch Uganda konnten bisher in Absprache mit Kabila im Kivu gegen die jeweiligen Rebellengruppen vorgehen. Die gemeldeten Kämpfe zwischen kongolesischen und ruandischen Truppen am Wochenende weisen darauf hin, daß sie nicht freiwillig abziehen werden. So droht ein offener Konflikt zwischen dem Kongo und Ruanda, der sich auch um den rohstoffreichen und fruchtbaren Kivu drehen wird.
Während Kongo/Zaire seit den 60ern immer wieder wegen Sezessionstendenzen zu zerfallen drohte, birgt nicht mehr die Sezession, sondern die Annektierung durch den östlichen Nachbar die Gefahr des Zerfalls. Die Meuterei der kongolesischen Banyamulenge-Tutsi, die in engem Zusammenhang mit der Ausweisung der befreundeten Tutsi aus Ruanda steht, könnte dafür der erste Stein sein. Daniel Stroux
Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen
Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen