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Den Politikern „Dampf machen“

■ Koschnick ist für „mehr Demokratie“ – wenn es nichts kostet

Bremens Altbürgermeister Hans Koschnick (SPD) unterstützt die bundesweite Initiative „Mehr Demokratie“ bei ihrem Vorhaben, auch in Bremen ein Volksbegehren durchzusetzen. Der Verein „Mehr Demokratie“ will auch in Bremen einen Volksentscheid durchsetzen, um mehr Mitbestimmung für die Bürger zu erreichen. „Ich bin sehr dafür, das Volk zu befragen“, sagte Koschnick gestern in der Villa Ichon, zündete sich bei geschlossenen Fenstern eine Zigarillo an und qualmte. Die Frage, ob sich das anwesende Völkchen durch den Gestank gestört fühlen könnte, fiel dem Altbürgermeister nicht ein.

Ein Volksentscheid könnte die Bürger wacher machen, philosophierte Koschnick weiter. „Die Bürger sollen wissen, daß es ihr Staat ist.“ Er habe das Volksbegehren nicht nur unterschrieben, sondern auch gespendet. Volksentscheide seien ein Anreiz für die Bürger „mehr Verantwortung für die Politik zu übernehmen“. Den Politikern würde ein bißchen „Dampf unterm Hintern“ nicht schaden, sagte Koschnick.

Im Gegensatz zu dem Verein will der Altbürgermeister die Finanzhoheit von Senat und Bürgerschaft allerdings gewahrt wissen. Zur Zeit ist ein Volksbegehren nur zulässig, wenn die Finanzhoheit von Bürgerschaft und Senat nicht angegriffen wird. Das Volksbegehren Wohnen, mit dem der Gewoba-Verkauf verhindert werden sollte, ist im Mai daran gescheitert. 1997 wurden zwei weitere Volksbegehren aus diesem Grunde abgeschmettert.

Das Haushaltsrecht sei das „originäre Recht des Parlaments“, betonte Koschnick. Komplexe Themen wie den Länderfinanzausgleich würden die Bürger beispielsweise gar nicht verstehen. Ralph Kampwirth, Sprecher des Volksbegehrens, widersprach. Das Parlament hätte dem Adel das Etatrecht abgetrotzt. Jetzt würden Politiker es „eifersüchtig“ verteidigen und sich genauso verhalten „wie der Adel“. Untersuchungen belegten, daß Bürger sparsamer entscheiden als Politiker. In den USA sei es in einigen Staaten sogar vorgeschrieben, die Bürger zu befragen, wenn geplante Ausgaben eine bestimmte Summe überschreiten.

Fazit: Auch Koschnick ist für mehr Demokratie – wenn es nichts kostet. Dennoch profitiert der Verein von seinem prominenten Zugpferd. Und das Zugpferd profitiert vom Verein. Im Wahlkampf steht es der SPD gut zu Gesicht, wenn Altbürgermeister Koschnick medienwirksam für mehr Demokratie unterschreibt – noch dazu, wenn es bis auf eine kleine Spende nichts kostet. Kerstin Schneider

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