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Polizei macht Jagd auf Abass A.

■ 18jähriger Togoer soll sofort abgeschoben werden / Polizei brach Wohnung seiner Verlobten auf: Gefahr sei in Verzug / Der Gesuchte ist untergetaucht / Keine Anweisung von Borttscheller

Birte Fischer, die Verlobte von Abass A., staunte nicht schlecht, als sie am Mittwoch Abend von der Arbeit nach Hause kam. Das Schloß ihrer Wohnungstür war ausgewechselt. „Schlüssel zu dieser Wohnung im Polizeirevier III abholen“ las sie auf einem Zettel an der Tür. Auf der Wache erfuhr die 21jährige, was in ihrer Abwesenheit passiert war. Die Polizei hatte ihre Wohnung aufgebrochen, um ihren Verlobten, den Togoer Abass A. festzunehmen. „Gefahr im Verzug“, heißt die juristische Formel, die den Beamten den Einbruch in die Wohnung erlaubt. Doch Abass A., der gestern abgeschoben werden sollte, ist untergetaucht.

Wie berichtet, sollen er und sein Bruder Ibrahim A. (16) nach Togo ausgewiesen werden. Ihr Vater ist nach Angaben der Brüder tot, die Mutter verschollen.

Seit über einem Jahr kämpfen die Schüler des Schulzentraums Kornstraße gegen die Abschiebung der Brüder. Für ihr Engagement sind sie von der Theodor-Heuss-Stiftung und dem Bremer Senat ausgezeichnet worden. Sogar Bundespräsident Roman Herzog gratulierte. Genützt hat es wenig: Entgegen der „Reisewarnung“ des Auswärtigen Amtes, in der empfohlen wird, Reisen nach Togo wegen der angespannten politischen Lage bis auf weiteres zurückzustellen, wollte Abass A. am 28. Juli freiwillig ausreisen. Sein Anwalt stellte jedoch Asylfolgeantrag beim Bundesamt in Zirndorf. Er fürchtet, daß die Brüder in Togo – unter anderem wegen des Medienrummels – ihres Lebens nicht mehr sicher sind. Eine aufschiebende Wirkung hat der Antrag nicht. Aber, so Renate Blöhbaum, Anwältin in der Kanzlei, die Abass A. vertritt: „Bisher galt die Absprache mit der Ausländerbehörde, daß keine abschiebenden Maßnahmen getroffen werden, bevor kein offizieller Bescheid vorliegt.“ Abass A. könne nämlich erst Rechtsmittel einlegen, wenn seinen Anwälten der offizielle Bescheid mit der vollständigen Begründung zugegangen sei. Der Bescheid ist bislang allerdings noch nicht zugestellt worden. Stattdessen erreichte sie ein Fax vom Bundesamt mit der Nachricht, daß der Asylfolgeantrag abgelehnt sei. Die Polizei ging prompt auf die Suche nach Abass A. „Wir fühlen uns überrumpelt“, sagt Blöhbaum. „Die Ausländerbehörde schafft Tatsachen, und nimmt Abass A. die Möglichkeit, Rechtsmittel einzulegen. So treibt man die Leute in die Illegalität.“

Dieter Trappmann, Leiter der Ausländerbehörde, widerspricht: „Es hat nie solche Absprachen gegeben“, sagt er. Da Abass schon zum ersten Ausreisetermin am 28. Juli nicht erschienen sei, sollte er festgenommen werden. Eine Anweisung von Innensenator Borttscheller (CDU) habe es – entgegen anderslautenden Gerüchten – nicht gegeben. Trappmann: „Die Rechtslage ist klar, da brauchen wir keine Anweisung aus dem Innenressort.“

Borttscheller mache seinem „Namen als Hardliner alle Ehre“, kritisierte Arend Hindriksen (Grüne) die Vorgehensweise der Ausländerbehörde: „Borttscheller instrumentalisiert eine schneidige Abschiebepraxis offenbar für den Wahlkampf der CDU.“ Bürgermeister Henning Scherf (SPD), der die Schüler für die Verleihung des Jugendpreises des Senats („Dem Haß keine Chance“) sogar ins Rathaus eingeladen und ihnen versichert hatte, er würde sie unterstützen, hat gestern keine Stellungnahme abgegeben. Er ist auf einem Segeltörn nach Danzig. Kerstin Schneider

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