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Feuerwerk zum Amtsantritt

Pünktlich zum heutigen Regierungswechsel demonstriert Kolumbiens Guerilla ihre Macht. Regierungschef Andreś Pastrana wird mit ihr kooperieren müssen  ■ Von Gerhard Dilger

Berlin (taz) – Heftiger Abschied für Kolumbiens liberalen Präsidenten Ernesto Samper: Seit Montag blasen die Rebellen der Revolutionären Streitkräfte Kolumbiens (FARC) und des Heers zur nationalen Befreiung (ELN) in mindestens 17 Provinzen zur Attacke auf Kasernen und Polizeistationen. Bei zwei Großangriffen der FARC im Südwesten des Landes wurden nach vorsichtigen Schätzungen fast 70 Soldaten und Polizisten getötet, ebenso viele verletzt und etwa 120 gefangengenommen. Die staatlichen Sicherheitskräfte in La Uribe wurden von 500 Guerilleros überrannt; um die 1.000 stürmten die Drogenbekämpfungszentrale der Polizei in Miraflores. Bei diesen und drei weiteren Aktionen, behauptete FARC-Militärchef Jorge Briceño im „ersten Heeresbericht“ vom Mittwoch, seien lediglich sechs Guerilleros umgekommen. Samper hingegen sprach von 180 getöteten Rebellen.

Zweifellos gehen die FARC, die mit ihren 15.000 Kämpfern der Armee seit 1996 eine Reihe ähnlicher Schlappen zugefügt haben, militärisch gestärkt in möglichen Verhandlungen mit der heute antretenden neuen Regierung um Andrés Pastrana. Briceño schlug einen Austauch der mittlerweile rund 200 Kriegsgefangenen gegen inhaftierte Rebellen vor.

Die Attacke in Miraflores wirft ein Schlaglicht auf die Bedeutung des Kokainhandels, der in den vergangenen zwei Jahrzehnten die gesamte Gesellschaft korrumpiert hat. Durch die Erhebung von „Kriegssteuern“ ist er für die FARC, die weite Teile der Kokaanbaugebiete der Amazonasregion kontrolliert, zu einer Haupteinnahmequelle geworden. Der Konservative Pastrana gab bereits zu, daß die von den USA diktierte Repressionsstrategie in eine Sackgasse geführt hat. Trotz einer Verzehnfachung der hochgiftigen Besprühungen von Kokafeldern hat sich der Anbau stetig ausgeweitet.

Weiter kompliziert wird die Situation durch die paramilitärischen Gruppen. Finanziert werden die rechten Killertrupps von Drogenhändlern, aber auch Teilen des Establishments wie Großgrundbesitzern. Unbehelligt von der Armee, bisweilen sogar mit ihrer Unterstützung, haben sie Massaker unter der Zivilbevölkerung angerichtet. Ebenso wie die ELN haben sie 5.000 Mann unter Waffen.

Mitte Juli hatten 37 Politiker, Unternehmer und Gewerkschafter im fränkischen Kloster Himmelspforten mit der ELN ein Abkommen zur „Humanisierung“ des Krieges unterzeichnet. Eine neunköpfige Kerngruppe, der „Nationale Friedensrat“, traf sich mit dem Generalstab der Paramilitärs in der Karibikprovinz Córdoba und kam mit einer ähnlichen Vereinbarung zurück. Die Guerilla protestierte ob dieser Gleichstellung. Der Friedensrat habe durch das Treffen den vertriebenen Opfern „den Rücken gekehrt“, so die ELN-Führung. Den Paramilitärs sei ein politischer Status eingeräumt worden. Daher sagte die ELN ein für vergangenen Montag geplantes Treffen mit dem Friedensrat ab.

Pastrana ist um seine Aufgabe nicht zu beneiden: Er dürfte eine explizite Anerkennung der rechten Killerbanden als politische Akteure vermeiden. Dann könnten diese auf Staffreiheit pochen. Die Armee wird sich mit allen Mitteln wehren, daß ihre Komplizenschaft mit den Paramilitärs untersucht wird. Während sich die Großgrundbesitzer einer Landreform widersetzen, hat die Guerilla klargemacht, daß für sie eine Entwaffnung nicht zur Diskussion steht.

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