: Lehre in der Gesetzeslücke
Ausdauer allein reicht nicht bei der Suche nach einem Ausbildungsplatz, wenn die Behörden nicht mitspielen. Ein Beispiel ■ von Judith Weber
Bewerbungen bleiben erfolglos, Vorstellungsgespräche auch, und von den weiterführenden Schulen hagelt es Absagen. Wer sich trotzdem nicht entmutigen läßt bei der Suche nach einem Ausbildungsplatz, dem werden dennoch Steine in den Weg gelegt. Der 17jährige Sozialhilfeempfänger Florian Bertelmann ist extra von Berlin nach Hamburg gezogen, um hier auf die Höhere Handelsschule zu gehen. Der Platz ist ihm sicher, nach vielen erfolglosen Bewerbungen. Doch ob er die zweijährige Weiterbildung antreten kann, ist unklar. Denn das Sozialamt zahlt ihm keine Wohnung.
„Ich dachte, die Schule wäre eine Chance, langfristig aus der Sozialhilfe herauszukommen“, bedauert der ehemalige Realschüler. Das Amt jedoch argumentiert anders: Der Jugendliche hätte vor seinem Umzug von der Behörde checken lassen müssen, ob tatsächlich „die Notwendigkeit besteht“, nach Hamburg zu gehen. So will es das Bundessozialhilfegesetz. Ob eine Weiterbildungsstelle wie die Handelsschule Grund genug ist für einen Ortswechsel, war gestern vom zuständigen Sozialamt in Hamburg nicht zu erfahren.
Momentan lebt Bertelmann in der Drei-Zimmer-Wohnung seines Onkels, gemeinsam mit dessen Freundin und ihrem Kind. „Für zwei Jahre geht das nicht“, erklärt er. 250 Mark monatlich gibt ihm das Sozialamt. Dazu kommt Kindergeld, und beides zusammen reicht zwar, um irgendwie zurecht zu kommen, aber nicht für ein WG-Zimmer oder gar eine Wohnung.
Jugendliche, die während ihrer Aus- oder Weiterbildung nicht genug Geld zum Leben bekommen, „landen in einer Gesetzeslücke“, weiß auch Stefan Marks, Sprecher der Sozialbehörde. „Die fallen durch den Rost.“ Wer Bafög oder die sogenannte Ausbildungsbeihilfe (BAB) erhält, hat beispielsweise keinen Anspruch auf Wohngeld. Wenn die Eltern nichts dazuzahlen, wird's häufig knapp für die Jugendlichen.
Deshalb wollte die Stadt Hamburg eine Stiftung gründen. Insgesamt eine Million Mark sollte von ihr an Azubis verteilt werden, die trotz Sozialhilfe knapp bei Kasse sind. Doch die Bundesanstalt für Arbeit verhinderte das; sie drohte, den Jugendlichen die Sozialhilfe zu kürzen.
Dabei könnte ein solches Modell helfen, auch SchulabgängerInnen eine Lehre zu ermöglichen, die nicht von Verwandten unterstützt werden – zumal jedeR, der eine Ausbildungsstelle erhascht, sich glücklich schätzen kann. Rund 1100 freie Plätze waren dem Hamburger Arbeitsamt Ende Juli gemeldet; 2500 Jugendliche bewerben sich darum. Voriges Jahr mußten 1000 SchulabgängerInnen in staatlichen Förderprogrammen geparkt werden.
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