: Schutz vor Solidaritätsbesuch
■ Zweiter Zaun im Abschiebeknast Glasmoor installiert
Die Sonne brennt auf die unbewohnt wirkenden Blechcontainer der Abschiebehaftanstalt Glasmoor in Norderstedt. Plötzlich rührt sich etwas hinter den Gitterfenstern. Laustark werden die Besucher jenseits des Zauns von den Häftlingen begrüßt. Jeden Sonntag erhalten sie Solidaritätsbesuch von Menschen, die seit acht Monaten vor der Anstalt gegen das Asylverfahren und die Abschiebehaft protestieren. Diesmal brauchen die Besucher aber ein Megaphon, denn überraschend ist der Abstand zu den Häftlingen mit einem zweiten, mit NATO-Draht versehenen Zaun, erhöht worden.
„Schutz vor außen“ nennt Joachim Buck, Anstaltsleiter von Glasmoor, den zweiten Sicherheitszaun, der die „ewige Polizeipräsenz“ ersetzen soll. Hintergrund seien die seit November vorigen Jahres regelmäßig stattfindenden Besuche von „zahlreichen Leuten“. Die „Sonntagsspaziergänger“ wollen die Haftbedingungen „ins Bewußtsein der Öffentlichkeit“ holen.
Die Initiative zur Kontaktaufnahme mit den Häftlingen enstand nach einem friedlichen Protest von 40 Gefangenen im November 1994. Sie waren nach einem Hofgang nicht in die Zellen zurückgekehrt, um so gegen eine „Verschleppung ihrer Fälle“ zu protestieren. Momentan bleiben Insassen laut Anstaltsleitung 23 Tage in Haft. Nach den Erfahrungen des Flüchtlingsrates sind es hingegen oft vier Monate oder mehr. 95 Menschen sitzen zur Zeit in Hamburg in Abschiebehaft, bestätigt Justizbehörden-Sprecherin Sabine Westphalen.
In 30 Containern sind 58 Abschiebehäftlinge aus 19 Nationen, meist Menschen aus Osteuropa, zu sechst in 27 Quadratmeter großen Zellen eingesperrt. Bisher hätten die Häftlinge jeden Tag eine Stunde ihre Zellen verlassen können. „Das schreibt der Gesetzgeber vor, und das haben wir auch ausgeschöpft“, erläutert Knast-Chef Buck.
Jetzt, mit dem neuen Zaun, dürfen sie sogar für zwei Stunden an die frische Luft...
Ulrike Gschwendtner
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