: Atomtransporte abgeben
■ Stromkonzerne wollen Skandalfirma NTL schließen und Transporte an Dritte vergeben
Berlin (dpa/taz) – Die deutsche Atomindustrie will ihr derzeit größtes Sorgenkind loswerden. Die umstrittenen Transporte von Atommüll aus deutschen Atomkraftwerken ins Ausland sollen nicht länger von einem Tochterunternehmen der deutschen Stromkonzerne, sondern von einer unabhängigen Firma organisiert werden. Das Bundesumweltministerium bestätigte am Wochenende, daß ein entsprechender Vorschlag durch den Vorstandsvorsitzenden des Energiekonzerns Bayernwerk, Otto Majewski, als Brief vorliege.
Im Mai hatte Bundesumweltministerin Angela Merkel (CDU) alle Atomtransporte in die ausländischen Wiederaufbereitungsanlagen Sellafield (Großbritanien) und La Hague (Frankreich) gestoppt. Grund für die Anordnung waren die teilweise hohe radioaktive Verstrahlung der Castor-Transportbehalter und damit die Unzuverlässigkeit der Hanauer Transportfirma „Nukleare Transportleistungen“ (NTL), die von den deutschen Atomkonzernen für die Entsorgung ihres Strahlenmülls unterhalten wird: Vertreter der Atomwirtschaft hatten eingeräumt, daß sie bereits seit Mitte der achtziger Jahre von Einzelfällen mit erhöhten Strahlenwerten an den Castor- Behältern wußten, ohne daß aus der Verstrahlung Konsequenzen gezogen worden waren.
Das Bundesumweltministerium forderte die Betreiber daher im Frühjahr auf, Vorschläge zur Verbesserung des Informationsflusses zu machen und gegebenenfalls organisatorische Konsequenzen bei den Transporten einzuleiten. Bereits im Juni hatte die Atomindustrie eine Veränderung bei den Transporten angestrebt. Ebenfalls in einem Brief an Merkel hatte Bayernwerke-Chef Majewski vorgeschlagen, den Abtransport durch eine neue, von den Stromkonzernen kontrollierte Firma durchführen zu lassen. Die NTL sollte in dieser Neugründung aufgehen. Die neuen Pläne sehen nun vor, die NTL vollständig zu liquidieren. Nach Informationen des Nachrichtenmagazins Der Spiegel wollen die Stromkonzerne jetzt die Verantwortung für den Atomverkehr der Deutsche-Bahn- Tochter Nuclear Cargo und Service sowie einer weiteren, eigens dafür zu gründenden Gesellschaft übergeben.
Das Umweltministerium in Bonn prüft nun, ob diese Vorschläge der Industrie ausreichend sind. Zugleich werde untersucht, ob nicht auch künftig ein erfahrenes unabhängiges Unternehmen das Beladen der Transporte in den Atomkraftwerken übernehmen könne.
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