: Neue Kämpfe im Kosovo
■ Kosovo-Albaner berichten von Angriffen serbischer Einheiten auf mehrere Ortschaften. Zwei Mitarbeiter von Radio Priština vermißt. US-Vermittler Hill will Pendeldiplomatie fortsetzen
Belgrad/Priština/Bonn (dpa/ AFP) – In der Krisenprovinz Kosovo ist es gestern nach einigen Tagen Waffenpause zu neuen Kämpfen zwischen serbischen Einheiten und der albanischen Untergrundarmee UCK gekommen. Serbische Verbände griffen nach albanischer Darstellung mehrere albanische Ortschaften mit Artillerie an. Das Informationszentrum der Kosovo- Albaner berichtete über „intensiven Beschuß“ und Gefechte in der Gegend um die 40 Kilometer von Priština entfernte südliche Ortschaft Suva Reka. Von serbischer Seite hieß es, die Kämpfe seien durch UCK-Angriffe auf Polizeiposten ausgelöst worden. Serben und Kosovo-Albaner meldeten Kämpfe auch aus Malisevo und dem 25 Kilometer westlich von Priština gelegenen Kormorane.
Bereits am Samstag seien bei Schießereien mehr als zehn Kämpfer der albanischen Untergrundarmee UCK getötet worden, schrieb die regierungsnahe Belgrader Zeitung Politika gestern. Ein Polizist wurde bei den Kämpfen verletzt. Zwei Mitarbeiter des serbischen Radio Priština gelten seit Freitag als vermißt, meldete das halboffizielle serbische Mediazentrum. Der Reporter und sein Fahrer waren dienstlich in Orahovac und kehrten nicht in die Redaktion zurück.
Ungeachtet der Kämpfe sind die indirekten Kontakte zwischen den beiden Konfliktparteien nicht abgerissen. US-Vermittler Christopher Hill kündigte eine Forsetzung seiner Pendeldiplomatie zwischen Belgrad und Pristina für diese Woche an, um eine Annäherung der Positionen zu erreichen. Bei den Verhandlungen gibt es nach seinen Worten Fortschritte, auch wenn beide Seiten in ihren Forderungen noch weit auseinanderlägen.
Unterdessen warnte Bundeskanzler Helmut Kohl (CDU) vor einer Ausweitung des Konflikts. Die Verbitterung auf beiden Seiten nehme zu, sagte er in einem Interview. Eine Abspaltung Kosovos von Serbien – wie sie von der UCK gefordert wird – könne die Weltgemeinschaft nicht unterstützen. Kohl warnte zugleich vor einer „humanitären Katastrophe“ der zehntausenden Flüchtlinge. In diesem Fall müsse sich die Weltgemeinschaft die Frage stellen, ob sie nicht eingreifen müsse, auch wenn Rußland weiter sein Veto im UN- Sicherheitsrat einlege.
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