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Bauriese Holzmann hofft auf Neuanfang

Philipp Holzmann AG will endlich wieder schwarze Zahlen schreiben und mit den Fehlern der Vergangenheit aufräumen. Externe Gutachter sollen verlustreiche Immobiliengeschäfte untersuchen und Aktionäre befrieden  ■ Von Beate Willms

Berlin (taz) – „Wir werden in diesem Jahr mit einem leicht positiven operativen Ergebnis abschließen“, kündigte Heinrich Binder, Vorstandsvorsitzender der Philipp Holzmann AG, gestern auf der Hauptversammlung in Frankfurt am Main an. Die Botschaft dahinter: Die Wende ist geschafft, die roten Zahlen der letzten Jahre sind Vergangenheit. Die Käufer auf den Aktienmärkten beeindruckte das jedoch nicht. Bis nachmittags hatte sich der Kurs des Holzmann- Papiers kaum bewegt.

Kein Wunder: Das Mißtrauen gegenüber dem Konzern sitzt tief. Daran hat auch der neue Vorstandschef nicht viel ändern können. Auch er mußte für 1997 noch einen „bilanziellen Kraftakt“ vollbringen, um die Verluste durch außerordentliche Erträge, stille Reserven und Griffe in die Rücklagen eingermaßen auszugleichen. Ähnliches hatte bereits sein Vorgänger Lothar Mayer praktiziert. Das hatte dem Unternehmen den Ruf der progressiven Bilanzierung eingetragen. Die jüngste Ankündigung von Konkurrent Hochtief, vorerst von der geplanten Hochzeit mit dem Branchenführer abzusehen, dürfte nicht dazu beigetragen haben, das Image von Philipp Holzmann zu verbessern.

So mußte sich Binder auf der Hauptversammlung ganz schön ins Zeug werfen, um glaubhaft zu machen, daß sich das Unternehmen auf einem neuen, besseren Weg befindet. Er begründete seine Prognose mit der Entwicklung des Auslandsgeschäfts, bei dem Philipp Holzmann in den USA um 51 Prozent zulegen konnte. Der Auftragseingang stieg um 11,3 Prozent auf 6,2 Milliarden Mark – trotz eines Minus von 14,5 Prozent im Inlandsgeschäft. Zugleich baute der Konzern 2.062 Arbeitsplätze ab, bis Jahresende sollen es 3.000 weniger sein. Die Kurve werde das Unternehmen nur mit einer Kapitalerhöhung kriegen, sagte Binder. 700 Millionen Mark sollen bis zum Herbst zusammenkommen.

Die Misere, in der der Konzern steckt, ist hausgemacht und nicht nur aus der Krise am Bau zu erklären. Die hat sogar bei dem bislang stabilen Branchendritten Bilfinger + Berger für ein negatives Ergebnis und bei Strabag und Walter Bau seit 1990 zu Wertverlusten von 60 Prozent geführt. Denn es geht auch anders, wie der zweitgrößte deutsche Baukonzern, die Essener Hochtief, gezeigt hat: In derselben Zeit legte Hochtief um vier Prozent zu. Holzmann ist durch seine Expansionspolitik in den vergangenen acht Jahren um 70 Prozent gewachsen, hat aber zugleich die Hälfte an Wert verloren. Das Unternehmen wird heute noch mit rund 1,5 Milliarden Mark bewertet, halb so hoch wie 1990 – und das, obwohl in derselben Zeit rund 1,4 Milliarden Mark durch Kapitalerhöhungen akquiriert wurden.

Daran kann nur das Mißmanagement des früheren Vorstands um Ex-Chef Lothar Mayer schuld sein, ist sich die Deutsche Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW) sicher. Auch Binder selbst hatte kurz nach seinem Amtsantritt im September 1997 erklärt, sein Vorgänger habe „im operativen Bereich nicht sauber gearbeitet“. DSW-Sprecher Klaus Nieding macht allerdings auch den Aufsichtsrat verantwortlich. Gestern beantragte er deshalb, durch ein Sondergutachten klären zu lassen, ob frühere Mitglieder schadenersatzpflichtig seien (bis Redaktionsschluß kein Ergebnis). Carl von Boehm-Bezing, Aufsichtsratschef und Vertreter der Deutschen Bank als Hauptaktionär, teilte mit, daß bereits eine Überprüfung des Immobilienprojektegeschäfts eingeleitet sei. Die Entlastung von fünf früheren Vorstandsmitgliedern, darunter Ex- Chef Mayer, sei zurückgestellt, bis „noch einiges aufgearbeitet“ sei.

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