piwik no script img

Kollegen wählen Rechts

■ Neue Studie: Hohes rechtsextremes Wählerpotential bei Gewerkschaftern

Berlin (taz) – Unter Gewerkschaftsmitgliedern finden rechtsextremistische Parteien deutlich mehr potentielle Wähler als in der übrigen Bevölkerung. Zu diesem Schluß kommt eine repräsentative Umfrage des Meinungsforschungsinstitut infratest dimap, die der WDR gestern veröffentlichte.

11 Prozent der befragten Gewerkschafter gaben an, sie könnten sich vorstellen, bei der Bundestagswahl DVU, NPD oder „Republikaner“ zu wählen. In der nichtorganisierten Bevölkerung bejahten diese Frage nur 7 Prozent. Von arbeitslosen Gewerkschaftern erwägen sogar 20 Prozent die Wahl einer dieser drei Parteien. Für Arbeitslose, die nicht in einer Gewerkschaft organisiert sind, ermittelten die Meinungsforscher einen Wert von 14 Prozent.

Der Studie zufolge neigt besonders die Gewerkschaftsjugend zur Wahl von Rechtsradikalen. Jedes dritte Gewerkschaftsmitglied zwischen 18 und 24 Jahren könnte sich vorstellen, rechten Parteien seine Stimme zu geben.

„Das Ergebnis dieser Studie ist erschreckend. Wirklich überrascht hat es uns aber nicht“, erklärte Steffen Kühhirt, Bundesjugendsekretär der ÖTV, gegenüber der taz. Schon 1993 habe es eine Studie der Hans-Böckler-Stiftung mit Ergebnissen „ähnlicher Tendenz“ gegeben. „Jugendliche finden bei rechten Parteien oft autoritäre Konzepte und einfache Antworten.“ Auch die Gewerkschaften hätten in der Vergangenheit zu oft „einfache Antworten auf eine sich zur Vielschichtigkeit hin verändernde Gesellschaft“ gegeben. „Junge Menschen, die sich vom klassischen Lebenslauf – Ausbildung, Arbeit, Rente – ausgeschlossen sehen, sind für rechte Parolen empfänglich.“

Kritisch merkte Steffen Kühhirt an: „Auch die Gewerkschaftsjugend hat es in der Vergangenheit versäumt, für diese Jugendlichen einen modernen Lebensentwurf zu entwerfen.“ Seit einem Jahr gebe es deshalb in der ÖTV-Jugend eine „Leitbilddiskussion“. Robin Alexander

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen