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Duve kritisiert Serbiens Regierung

Der Medienbeauftragte der OSZE berichtet über Behinderungen der freien Berichterstattung. Für Belgrad ist alles nur ein „Medienkrieg“ gegen Jugoslawien  ■ Aus Wien Ralf Leonhard

Unabhängige Berichterstattung in Serbien und speziell der Provinz Kosovo wird systematisch behindert. Dies berichtete Freimut Duve, der Medienbeauftragte der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE), gestern dem Ständigen Rat der OSZE in Wien.

Der ehemalige SPD-Abgeordnete unterschied in einem anschließenden Pressegespräch mehrere Arten der Behinderung. Eine sei die Verweigerung von Visa, wie es dem Fotografen Jerzy Gumowski und der Journalistin Milada Jedrysik von der polnischen Gazeta Wyborcza widerfahren sei. Auch der österreichische Kameramann Friedrich Wedan und der ZDF- Journalist Halim Hosny, der als „Pakistan-Deutscher“ von der offiziellen Presseagentur als „Spion“ verunglimpft wurde, warteten seit Monaten vergeblich auf eine Einreisegenehmigung.

Die direkte Ausweisung als plumpeste Art der Zensur, so Duve, habe am 14. August das ARD-Team von Friedhelm Brebeck getroffen. Mehrere Journalisten seien auch durch Rufmord, Hetzkampagnen oder physische Attacken eingeschüchtert worden.

Der Fall des taz-Korrespondenten Erich Rathfelder, der nach seinen Berichten über Massengräber bei Orahovac zur Persona non grata erklärt wurde, sei sowohl als Ausweisung als auch als Einschüchterung zu werten. In diesem Fall, so Duve, sei der Rausschmiß „eine besonders bedrohliche Maßnahme“, weil Rathfelder schon so viele Jahre in unabhängiger Form vom Balkan berichtet habe. Kritik übte der OSZE-Vertreter auch an der Kosovo-Befreiungsarmee UCK, die serbische Journalisten schlecht behandle.

Der Ständige Rat der OSZE hat Duve aufgefordert, einen umfassenden Bericht über die Lage in der Bundesrepublik Jugoslawien und speziell über die Problematik Pressefreiheit zu erstellen. Der Medienbeauftragte glaubt, daß die Regierung in Belgrad, deren Mitgliedschaft bei der OSZE seit einigen Jahren auf Eis liegt, Interesse hat, wieder aktives Mitglied zu werden. So bot er an, die Probleme bei einem Besuch in Belgrad zu diskutieren. Der jugoslawische Präsident Slobodan Milošević hat allerdings auf diesen Vorschlag noch nicht reagiert.

Die Fakten sprechen momentan nicht für eine Entspannung. Denn der neue Informationsminister in Belgrad, Alexander Vucić, dürfte für die harte Linie in der Medienpolitik stehen. Ein Mitarbeiter Duves bestätigte, daß der neue Minister der Radikalen Partei von Vojislav Šešelj angehöre und eine Verschärfung der Gangart gegenüber der unabhängigen Presse zu erwarten sei. In Belgrad wird wieder vom „Medienkrieg“ gegen Jugoslawien gesprochen, so wie bereits bei den ersten Berichten über den Massenmord in der UN-„Schutzzone“ Srebrenica.

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