: Royale Literatur
Zu den interessantesten Buchveröffentlichungen im Sissi-Jahr zählt der von der Österreichischen Nationalbibliothek herausgegebene Band „Elisabeth. Wunschbilder oder Die Kunst der Retouche“, in dem an reichem Bildmaterial demonstriert wird, wie das öffentliche Bild der Kaiserin konstruiert wurde – nämlich mit Retuschen und ständig neuen Montagen der immergleichen Ausgangsfotos.
Der „Sissi-Almanach“, von einer obskuren Vereinigung namens „Société des Admirateurs et Admiratrices de Sissi“ erworben, fällt in die Rubrik verblüffende Fanartikel. Unmöglich zu sagen, ob es sich bei diesem aufwendig gestalteten Buch um eine Satire handelt. Hier werden gewagte Vergleiche mit Frida Kahlo und Madonna angestellt, alte Sissi-Fotos abgepaust und skurrile zeitgenössische Nachrufe gedruckt.
Mutig ist auch die Entscheidung des Knaur Verlags, Douglas P. Websons sensationelle PSI-Protokolle von Séancen mit der ermordeten Kaiserin zu veröffentlichen. „Sisi lebt!“ ist noch die geringste der Überraschungen, die das Buch bereithält. Ein amerikanisches Medium verrät: Sissi ist schon einmal reinkarniert worden – als Evita Peron!
Wer es nicht ganz so spritzig mag, dem ist nach wie vor mit Brigitte Hamanns 1981 erschienener, grundsolider Biographie „Elisabeth. Kaiserin wider Willen“ gedient. Brigitte Hamann ist es auch zu verdanken, daß Sissis literarisch nicht immer gelungene Dichtkunst publiziert wurde, in der sie den Frust über ihre verhaßten Zeitgenossen verarbeitet. Einen ähnlich kompetenten Einstieg zum Thema Königin Luise bietet Dagmar von Gersdorffs Doppelporträt „Königin Luise und Friedrich Wilhelm III.“.
Aus der Fülle an Veröffentlichungen zum Leben und Sterben von Lady Di sei auf das sechshundertseitige Opus „Die Royals. Glanz und Elend einer britischen Familie“ hingewiesen. Die Autorin Kitty Kelly ist Amerikanerin und steht der Institution Monarchie mit faszinierter Abscheu gegenüber. Mit urrepublikanischem Ingrimm hat sie sich in die Fluten von Klatsch und malizösen Bonmots über das englische Königshaus gestürzt.
Das schönste und vielschichtigste Buch zum Thema Prinzessinnen ist jedoch das dünne Bändchen „Die letzte Märchenprinzessin“ aus dem Suhrkamp Verlag. Der Text des Autorenteams Menasse schildert Leben und Tod von Lady Di in einer für Kinder verständlichen Weise, ohne seinen Gegenstand zu denunzieren. Für die dazugehörigen Illustrationen hat Gerhard Haderer auf wunderbare Weise den Di'schen Mythenhaushalt geplündert und ihn teils charmant, teils boshaft karikiert. Ein sanftes Kinderbuch, über dem Erwachsene ins Prusten geraten.
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