Verkehrsverbund verspätet

■ Bahn AG gibt Haltesignal für Verkehrsverbund. Dem für November geplanten Start droht nun eine Verschiebung um mehrere Monate. 14tägiger Verzug bei Datenlieferung soll schuld sein

Welch ein Irrtum: „Wir sind nicht mehr zu bremsen“, heißt es vollmundig in einem neuen Prospekt des Verkehrsverbundes Berlin-Brandenburg (VBB). Doch der VBB hat die Rechnung ohne seinen wichtigsten Partner gemacht, die Deutsche Bahn (DB). Wie gestern bekannt wurde, kam aus der Frankfurter Zentrale das Haltesignal. Damit wird sich der für November anvisierte Start des VBB um mehrere Monate verschieben.

Nach drei Jahren Planung und Abstimmung zwischen den Verbundpartnern BVG, S-Bahn, DB, Havelbus und Verkehrsbetrieb Potsdam sollte es am 1. November endlich losgehen. Mit einer einheitlichen Fahrkarte sollten dann die Berliner Tarifzonen A, B und C mit dem Umland in Brandenburg verbunden werden. Ende vergangener Woche erhielt Verbundchef Uwe Stindt das ablehnende Schreiben aus Frankfurt, das ihn völlig fassungslos macht.

Die Bahn macht allein technische und terminliche Gründe für die Verzögerung geltend. Der VBB habe die Tarifdaten so spät geliefert, daß sie nicht mehr termingerecht in den Zentralcomputer der Bahn eingespeist werden könnten, erläuterte der Sprecher für Personennahverkehr der Bahn, Hartmut Sommer. In der Regel rechneten sie ein halbes Jahr, um nicht nur die Software, sondern auch Fahrkartenautomaten und Broschüren umzustellen und schließlich die Mitarbeiter mit den neuen Tarifen vertraut zu machen. Diese Frist sei beim VBB ohnehin nicht einzuhalten gewesen. Daher habe man sich darauf geeinigt, daß Ende Juli die Daten in Frankfurt sein sollten, um eine „Teillösung“ zu erstellen, so Sommer. Die Daten kamen jedoch erst Mitte August. Daher sei der Zeitplan nun Makulatur. Als neuen Starttermin schlägt Sommer den 1. März oder 1. April 1999 vor. Wenn man für die Fahrgäste eine sinnvolle Übergangslösung fände, könnte der VBB auch früher starten. „Wir torpedieren den VBB nicht.“

VBB-Chef Stindt will sich mit diesem Vorschlag nicht abfinden. Eine 14tägige Verspätung bei der Datenlieferung könne nicht zu einer mehrmonatigen Verzögerung beim Start führen, meinte er. Er hat daher den Vorstand der Bahn AG – in dem auch der ehemalige Berliner S-Bahn-Chef Axel Nawrocki sitzt – gebeten, sich für den Termin 1. November einzusetzen.

Der VBB hatte sich schon vollkommen auf den Start in zwei Monaten eingestellt. „Die Druckereien stehen Gewehr bei Fuß“, sagte Stindt. Wenn sie ihre Bestellungen für die neuen Fahrkarten jetzt nicht aufgeben könnten, reiche die Zeit bis zur geplanten Auslieferung im Oktober nicht mehr. Er hofft, noch diese Woche grünes Licht aus Frankfurt zu bekommen.

Der verkehrspolitische Sprecher der Grünen, Michael Cramer, vermutet jedoch politische Gründe hinter der Verzögerung. Der VBB sei nicht gewollt. Cramer forderte den Start des Verbundes zum ursprünglichen Termin. Jutta Wagemann