■ Die Anderen
: "Liberation" zu den Auswirkungen der Rußlandkrise auf die EU / "Corriere della Sera" zum Clinton-Besuch in Moskau / "Kommersant Daily" zur Lage in Rußland / "Standard" zu den Konjunkturaussichten an der Wall Steet

„Libération“ kommentiert die Auswirkungen der Rußlandkrise auf die EU: Der Euro, der als Schutzschild angelegt ist, muß seine erste Bewährungsprobe bestehen, noch bevor er überhaupt materiell existiert. Und wie hält er sich? Danke, nicht schlecht. Man darf gewiß nichts zu früh beurteilen, besonders in finanziellen Angelegenheiten. Die gewaltige Masse wandernden Kapitals bildet einen Strom, der sämtliche Panzerungen zermalmen kann. Aber gegenwärtig hält sich die Spekulation vorsichtig auf Abstand zur künftigen Stärke des Euro. In gewisser Weise ist dieser erste Erfolg eine Minimalleistung: Er taugt dazu, die relative Stabilität zu erhalten, die die Europäer unter schmerzhaften Anstrengungen erreicht haben.

Zum Clinton-Besuch in Moskau schreibt der Mailänder „Corriere della Sera“: Drei Fragen wurden bereits beantwortet: Nein, Clinton finanziert nicht das bankrotte Rußland. Ja, Jelzin besteht auf Reformen. Jein, Clinton akzeptiert die Kommunisten unter bestimmten Bedingungen, aber nicht die Rückkehr zum Kommunismus. An den Börsen wird sich nun entscheiden, ob diese drei Antworten ausreichen, um die Krise des sterbenden Rubel abzuschwächen.

Die Moskauer Tageszeitung „Kommersant Daily“ sieht die Lage in Rußland dramatisch: Nach der Sitzung des Duma-Rates am Montag besteht Klarheit: Das Land ist gefährlich nah am Rand eines Bürgerkrieges angelangt. Die Duma mit Gennadi Sjuganow an der Spitze ist bereit, ihn zu beginnen. Die Zeit des Feilschens ist vorüber. Zu dieser Schlußfolgerung führen die Ergebnisse des Duma-Rates, der eher einem Kriegsrat ähnelte. Die linke Mehrheit hat die strategische Entscheidung gefällt: Keinerlei Konzessionen, keinerlei Tschernomyrdins. Das Anbieten von Posten in der Regierung kann schon nichts mehr retten. Das hat Gennadi Sjuganow erklärt.

Die Konjunkturaussichten nach dem Kurssturz an der Wall Street kommentiert der Wiener „Standard“: In den USA, wo der psychologische Effekt eines Börsencrashs eine weitaus größere Breitenwirkung hat als in Europa, könnte eine der längsten wirtschaftlichen Aufschwungphasen der Nachkriegszeit bald zu Ende gehen. Denn die Verluste, die die Investoren an diesem Schwarzen Montag erlitten haben, werden auf ihr künftiges Konsumverhalten nicht ohne Auswirkung bleiben. Das Gefühl, durch den Wertverfall der Aktien „ärmer“ geworden zu sein, hat eine durchaus reale Basis. Gerade in einem Land, in dem die Eigenverantwortung zwangsläufig großgeschrieben wird, weil das soziale Netz löchrig ist, ist das Vertrauen in die Kapitalmärkte eine wesentliche Voraussetzung für die persönliche Sicherheit. Bei der engen Verflechtung der Märkte würde ein Konjunkturrückgang in den USA weltweit seine Spuren hinterlassen.