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Weiter Streit um Ministeriumsfusion

■ In NRW droht CDU mit Verfassungsklage wegen der Fusion von Justiz- und Innenressort

Düsseldorf (taz) – Der Streit um die Zusammenlegung des Justiz- und Innenministeriums in Nordrhein-Westfalen geht weiter.

Die CDU-Opposition will das Landesverfassungsgericht in Münster anrufen, um die Fusion rückgängig zu machen, wie der Fraktionsvorsitzende Helmut Linssen gestern im Landtag erklärte. Ein Antrag der Christdemokraten zur Aufhebung der Ministeriumsfusion war zuvor mit den Stimmen der rot-grünen Koalition abgelehnt worden.

Der Oppositionsführer der CDU im Düsseldorfer Landtag, Linssen, bezeichnete die Fusion als verfassungspolitisch verfehlt. Der Innenminister dürfe nicht zum Dienstherren der Verwaltungsgerichte werden. „Es kommt zu Interessenskonflikten in der Person des Innen- und Justizministers.“ Dabei berief sich Linssen auf ein Gutachten des Leipziger Rechtsprofessors Martin Oldiges. Seiner Auffassung nach verstößt die Vereinigung der Ministerien zwar nicht gegen die Landesverfassung, aber gegen einen Beschluß des Landtages aus dem Jahr 1970, in dem die Aufsicht über die Verwaltungs- und Finanzgerichte in NRW allein dem Justizminister unterstellt wurden.

Unterstützung bekam er aus den Reihen der Grünen. Fraktionssprecher Roland Appel sieht zwar keine verfassungsrechtlichen Probleme, gleichwohl kritisierte er das Fehlen einer „verfassungspolitischen Sensibilität“ beim Ministerpräsidenten Wolfgang Clement. Durch die Zusammenlegung der Ministerien würde das Vertrauen der Bürger in die Unabhängigkeit der Gerichte gefährdet. Appel: „Die Grünen halten die Fusion der Ministerien nicht für richtig.“ Gleichwohl lehnten die Grünen den Antrag der Christdemokraten als „Wahlkampfgetöse“ ab. Die Selbstdarstellung der CDU als Bürgerrechtspartei sei unglaubwürdig. Vielmehr müßten nun die Auswirkungen der Zusammenlegung beobachtet werden. Gegebenenfalls sei die Fusion in der nächsten Legislaturperiode zurückzunehmen.

Trotz der Angriffe der Grünen ließ Ministerpräsident Wolfgang Clement (SPD) keine Zweifel offen, daß er an der Fusion festhalten werde. „Es geht in der Auseinandersetzung um die Kernfrage, ob die Justiz ein eigenständiges Ministerium braucht, um ihre Unabhängigkeit zu wahren.“ Dies sei nicht der Fall.

Vielmehr müsse die Justiz ihre Kraft aus sich selbst gewinnen. Über die Exekutive könne sie keine Unabhängigkeit erreichen. Clement äußerte die Hoffnung, daß die Justiz aus diesem Konflikt gestärkt hervorgehe.

Bereits am Vortag war ein Gespräch zwischen Ministerpräsident Wolfgang Clement (SPD) und den Spitzen der NRW-Gerichte ohne Ergebnis geblieben. „Die Bedenken der Richter wurden nicht ausgeräumt“, betonte Gero Debusmann, Präsident des Oberlandesgerichts Hamm. Auch die Motivation der Ministeriumsfusion steht nach wie vor in der Richterkritik. Der Präsident des Landesgerichtes Bonn, Heinz Faßbender, erklärte, Geld könne man einsparen, die Gewaltenteilung aber nicht. Dies sei eine Frage der Freiheit.

Unterstützt werden die Kritiker der Fusion vom Deutschen Richterbund. Dort hieß es, die Zusammenlegung verletze nordrhein- westfälisches Landesrecht. David Schraven

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