Warme Worte für Gerry

■ Bei seinem Nordirlandbesuch lobt Clinton den Friedensprozeß und den Chef von Sinn Fein. Demo in Dublin gegen US-Außenpolitik

Dublin (taz) – Der nordirische Friedensprozeß sei ein „leuchtendes Beispiel“ für andere Konflikte in dieser Welt, sagte US-Präsident Bill Clinton bei seinem Besuch in der britischen Krisenprovinz. „Wenn ich künftig andere Konfliktherde besuche, dann werde ich euch als Beweis dafür anführen, daß Frieden kein leerer Traum ist“, sagte er vor rund 5.000 Menschen, die sich am Donnerstag abend zur „Versammlung für den Frieden“ in Armagh, der Stadt mit den protestantischen und katholischen Hauptkirchen Irlands, eingefunden hatten.

Clinton versprach weitere US-Finanzspritzen für die nordirische Wirtschaft. Nordirland sei „vom Tiefkühlschrank der Verzweiflung in den warmen Sonnenschein des Friedens“ gerückt, sagte Clinton. Für dieses Verdienst grüße er ganz besonders die nordirischen Frauen, fügte er hinzu und erntete damit bei seinen Zuhörern eine Lachsalve.

Sowohl der US-Präsident als auch der britische Premierminister Tony Blair lobten den Sinn-Féin- Präsidenten Gerry Adams, der am Dienstag erklärt hatte, daß Gewalt eine Sache der Vergangenheit sein müsse. „Diese Worte sind Musik in den Ohren aller Menschen auf dieser Welt“, sagte Clinton. „Danke, Sir.“ Blair sprach Adams zum ersten Mal öffentlich mit dem Vornamen an: „Ich weiß, daß Gerry die Grundlagen schaffen will, die für eine politische Debatte notwendig sind.“

Clinton glaubt nicht, daß die Bombe von Omagh, bei der vor drei Wochen 28 Menschen starben und über 200 verletzt wurden, der letzte Anschlag gewesen sei: „Es war der Auftakt für einen bösartigen Angriff auf den Frieden.“ Die Polizei in beiden Teilen Irlands plant offenbar eine konzertierte Aktion gegen die IRA-Absplitterung „Real IRA“, die für die Bombe von Omagh verantwortlich ist. In den vergangenen Tagen wurden in mehreren Gefängnissen beiderseits der Grenze Zellen freigemacht.

Die IRA hat den Dissidenten unterdessen mit Gewaltmaßnahmen gedroht, falls sie ihre Organisation nicht binnen zwei Wochen auflösen. IRA-Leute überbrachten die Warnungen am Dienstag abend persönlich an rund 60 Personen landesweit. Dabei kam es zu mehreren Zwischenfällen. Ein 66jähriger und seine Frau wurden leicht verletzt, als sie die IRA- Männer aus dem Haus werfen wollten. Das „32 County Sovereignty Movement“, das als politischer Flügel der „Real IRA“ gilt, hat die IRA aufgefordert, die Drohungen zurückzunehmen.

Clinton dürfte mit seiner Irlandreise bisher zufrieden sein, ging es ihm doch auch darum, den US- Amerikanern zu zeigen, daß man anderswo eine hohe Meinung von ihm hat. Blair hatte dem US-Präsidenten bescheinigt, er habe mehr für den Frieden in Nordirland getan als jeder andere Präsident der USA. In Dublin, wo Clinton vorgestern abend eintraf, kam es vor dem Regierunggebäude jedoch zu einer Demonstration gegen die US-Bombardierung Afghanistans und des Sudans.

Und auch heute muß sich Clinton auf etwas gefaßt machen, wenn er in Limerick im Westen Irlands zum Ehrenbürger der Stadt ernannt wird. Bürgermeister Joe Harrington, ein unabhängiger Sozialist, sagte gegenüber der taz, die US-Aktionen in Afghanistan und Sudan seien genauso verwerflich wie die Bombe von Omagh. Diese Kritik will er Clinton auch in seiner Rede zur Verleihung der Ehrenbürgerschaft nicht ersparen. Ralf Sotscheck