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Mahnmal: Ein alter Streit ohne Ende

■ Schon vor Jahren debattierte der Bundestag über das Holocaust-Mahnmal, doch die Entscheidungen fällten damals andere

Die Empfehlung des Berliner Abgeordnetenhauses, der Bundestag solle sich in der kommenden Legislaturperiode des Themas Holocaust-Mahnmal annehmen und „eine grundsätzliche Entscheidung“ zur Sache treffen, ist genaugenommen nicht so neu, wie es auf den ersten Blick scheinen will. Das Bonner Parlament hat schon einmal über das in Berlin geplante Denkmal debattiert. Allerdings stand die Diskussion damals unter anderen Vorzeichen als heute.

Nötig geworden war die Debatte, nachdem sich Bundeskanzler Helmut Kohl mit einem „Machtwort“ gegen den Siegerentwurf des ersten Wettbewerbs ausgesprochen hatte. Der Entwurf aus dem Atelier der Künstlergruppe um die Berlinerin Christine Jakob- Marcks war zuvor im In- und Ausland heftig kritisiert worden.

Bei der Aussprache am 9. Mai 1995 wurde deutlich, daß nicht nur der Kanzler das von Mahnmal-Initiatorin Lea Rosh favorisierte Modell für ungeeignet hielt, sondern es auch von den Mitgliedern aller im Bundestag vertretenen Fraktionen abgelehnt wurde. Die Vorstellungen über das weitere Vorgehen gingen freilich weit auseinander. Peter Conradi (SPD) forderte, daß seine Partei an der Planung fortan beteiligt werden solle: „Wenn dieses Denkmal ein Denkmal des Volkes ist, sollte das Volk auch daran beteiligt sein.“ Auch plädierte Conradi dafür, einen neuen Standort für das Mahnmal zu suchen. Rupert Scholz (CDU) war dagegen der Meinung, die „Debatte rasch zu beenden“.

Sein Parteifreund, der Berliner Kultursenator Peter Radunski, schlug als Vertreter eines der drei Auslober des Wettbewerbs vor, ein mehrtägiges Kolloquium mit Fachleuten zu veranstalten. Volker Beck (Bündnis 90/Die Grünen) warnte davor, durch die lange politische Diskussion könne das Projekt als Ganzes gefährdet werden. Im Gegensatz zu Conradi wollte Beck an dem ursprünglich vorgesehenen Standort am Brandenburger Tor festhalten.

Der Rest ist bekannt: Anfang 1997 berieten sich internationale Experten drei Tage lang im ehemaligen Staatsratsgebäude in Berlin, am Ende beschlossen Bund, das Land Berlin und die Initiative um Lea Rosh, einen neuen, zweiten Wettbewerb zu organisieren. Ulrich Clewing

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